Freenet jongliert mit neuen Schulden

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+ 300 Mio. neues Fremdkapital
+ Viele komplexe Regelungen in den Verträgen
+ Ceconomy-Darlehen soll abgelöst werden

Die Freenet AG hat bekannt gegeben, dass man auf der Fremdkapitalseite massiv umgeschuldet hat. Während man die Kreditlinien insgesamt deutlich ausgeweitet hat, fällt insbesondere die Tatsache ins Auge, dass man sich offenbar für überaus komplexe Finanzierungsmodelle entschieden hat.

Zweigeteiltes Darlehen mit Pflicht und Kür
Zum einen hat man ein Bankdarlehen aus dem März 2016 über 710 Mio. Euro auf ein neues Darlehen umgeschuldet und gleichzeitig erweitert. 200 Mio. Euro wurden so zusätzlich generiert. Der Kreditrahmen umfasst somit nun insgesamt 910 Mio. Euro. Diese 910 Mio. Euro setzen sich offenbar zum Einen aus einem endfälligen Darlehensbetrag in Höhe von 610 Mio. Euro und zum Anderen aus einer „Revolving Credit Facility“ über 300 Mio. Euro zusammen.

Bei dieser „Revolving Credit Facility“ handelt es sich schlicht um eine Option, bzw. Fazilität („facility“) darauf, während der gesamten Laufzeit („revolving“) ein weiteres Darlehen („credit“) über eben jene verbleibenden 300 Mio. Euro aufzunehmen. Diese Option hat Freenet bisher offenbar noch nicht gezogen. Es wäre wahrscheinlich auch nicht die schlaueste Variante gewesen, die Option bereits direkt nach der Aushandlung zu ziehen, da Kreditoptionen in der Regel schlechter verzinst sind als reguläre Darlehen. Häufig werden für derartige Optionen zudem unabhängig von der tatsächlichen Wahrnehmung des Darlehens zusätzlich auch Bereitstellungszinsen fällig.

Der Zinssatz wird in der Unternehmensmeldung für beide Darlehensteile als variabel bezeichnet, ohne näher auf das Wesen dieser Variabilität einzugehen. Der Zinssatz soll im Maximum offenbar 1,90% p.a. betragen. Auch was die Laufzeit angeht, so steckt hier eine gewisse Komplexität in den Verträgen. Die Mindestlaufzeit für das Darlehen liegt offenbar bei 5 Jahren, sodass es frühestens im November 2023 fällig werden könnte. Allerdings gibt es auch hier wieder Optionen. Offenbar kann der Darlehensvertrag bis zu zweimal um je ein Jahr verlängert werden, sodass sich die Fälligkeit bis zum November 2025 verlängern könnte. Welche Vertragspartei jedoch tatsächlich diese Option ziehen darf, geht aus der Mitteilung nicht hervor.

Weiteres Schuldscheindarlehen über 100 Mio. Euro
Die Freenet AG hat darüber hinaus noch ein weiteres Darlehen aufgenommen. Es handelt sich hierbei um die Emission von Schuldscheinen über insgesamt 100 Mio. Euro in vier Tranchen. Auch hier gibt es offenbar zwei verschiedene Laufzeiten: 5 Jahre und 7 Jahre. Das Schuldscheindarlehen über 5 Jahre ist mit mindestens 1,20% p.a. verzinst, jenes über 7 Jahre zu mindestens 1,30% p.a. Auch hier scheinen die Zinsen eine gewisse Variabilität zu haben. In der Unternehmensmitteilung ist die Rede von einem „Step-down-Mechanismus“, welcher die Zinsen unter Umständen mit zunehmender Laufzeit sinken lassen könnte. Weitere Details hierzu sind nicht bekannt.

Beide Darlehen sollen dazu verwendet werden, um die 277 Mio. Euro abzulösen, die für den Kauf von 9,1% an der Ceconomy AG im Juli aufgenommen worden waren. Das Darlehen wäre eigentlich erst im Januar 2020 fällig geworden. Offenbar hat man hier die Gunst der Stunde mit niedrigen Zinsen nun nochmals genutzt, um sich die niedrigen Zinssätze auch langfristig zu sichern.

Die kritische Sichtweise
Es ist aus Sicht des SH-Investors jedoch fraglich, ob es wirklich nötig gewesen wäre, eine simple Kreditaufnahme mit derart vielen Klauseln und Sonderregelungen zu verkomplizieren. Ein gewisses Maß an Flexibilität und Variabilität mag aus unternehmerischer Sicht durchaus wünschenswert erscheinen, doch jedem Aktionär muss auch klar sein, dass die Banken sich derartige Klauseln zu Gunsten des Kunden häufig gut bezahlen lassen und zudem nicht selten letztlich auch Anwaltshonorare fällig werden.

Überhaupt wäre die Freenet AG aus Sicht des SH-Investors gut beraten, statt weitere Kreditlinien zu erwirken, endlich die drückende Schuldenlast abzubauen, unter welcher der Konzern schon seit Jahren ächzt. Mit den eingesparten Zinsaufwendungen könnte so langfristig die Profitabilität des Unternehmens verbessert werden. Nun könnte jedoch im schlimmsten Fall befürchtet werden, dass die Freenet AG ähnlich wie die Deutsche Telekom AG beginnt, ihre Dividenden künftig aus dem Fremdkapital heraus zu finanzieren.


Quellen:
– Pressemitteilung
– DGAP-Meldung

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