+ Stellenabbau „in einzelnen Bereichen“
+ Offenbar auch Gehaltseinschnitte geplant
+ Widersinnige Personalpolitik?
Es gibt kein Drumherumreden: Die aktuelle Ertragslage des Drägerwerks ist schlecht. Offenbar so schlecht, dass selbst das von einigen als träge empfundene Management darauf reagiert. Erst mit einem großen Innovationsplan und nun unter anderem auch mit Stellenstreichungen.
Stellenstreichungen und Gehaltseinschnitte geplant
So kündigt das Drägerwerk in einer Pressemitteilung „Personalmaßnahmen“ an. Man sei an einem Punkt angekommen, an dem es ohne einen Beitrag der Belegschaft nicht gehe, so das Lübecker Unternehmen. Da sich die Effekte der laufenden Restrukturierung erst mittelfristig zeigen würden, sei es nun erforderlich durch Personaleinsparungen effizienter zu werden und finanziellen Spielraum zu sichern, heißt es in der Mitteilung.
Aus diesem Grund verhandelt das Drägerwerk demnach ab sofort mit der Gewerkschaft IG Metall, sowie dem eigenen Betriebsrat. Dräger-CEO Stefan Dräger spricht in der Pressemitteilung von einem „gezielten Personalabbau in einzelnen Bereichen“. Auch „kollektive Maßnahmen“ seien demnach geplant. Laut Informationen diverser Medien ist darunter ein Gehaltseinschnitt der Belegschaft für drei Jahre zu verstehen. So solle das Unternehmen „wieder zukunftsfähig“ und Arbeitsplätze in Lübeck gesichert werden. Nichtsdestotrotz kündigt das Drägerwerk jedoch an, auch weiterhin in den Vertrieb sowie in die eigene Innovationskraft investieren zu wollen.
Personal zuletzt noch deutlich aufgestockt
Nun soll man bekanntermaßen nicht immer und überall das Haar in der Suppe suchen, doch angesichts obiger Mitteilung drängt sich dem einen oder anderen Anleger vielleicht doch der Verdacht auf, dass die Unternehmenspolitik der letzten Zeit vielleicht etwas widersinnig war. So war der Personalbestand bei Dräger zuletzt massiv aufgestockt worden, wie folgende Aufstellung zeigt:
Datum | Anzahl der Stellen |
31.12.2017 | 13.739 |
31.03.2018 | 13.866 |
30.06.2018 | 14.042 |
30.09.2018 | 14.233 |
31.12.2018 | 14.399 |
31.03.2019 | 14.603 |
30.06.2019 | 14.671 |
Die Belegschaftszahlen lassen eher an ein innovatives Wachstumsunternehmen alá Hypoport als an einen alteingesessenen Familienbetrieb mit Nullwachstum wie dem Drägerwerk denken. Insofern werden sich nicht wenige Anleger fragen, ob das Management die Ergebnisentwicklung der letzten Jahre zu lange verschlafen, wenn nicht gar ignoriert hat.
Zahlreiche Unternehmensprogramme – Alles nur heiße Luft?
Der oben gezeigte massive Stellenaufbau mag sicher auch in den angekündigten Investitionen in Vertrieb und Innovation seine Ursache finden, doch auf der Hauptversammlung zeigte sich, dass auch in anderen Bereichen zuletzt deutlich zusätzlich eingestellt wurde. Dass man nun in genau diesen Bereichen erneut Einsparmöglichkeiten gefunden haben will, enttäuscht die Anleger dann doch etwas. Dies besonders deshalb, weil es vor wenigen Jahren bereits das Verschlankungsprogramm „Fit for Groth“ gegeben hatte. Schon im Rahmen dieses Programms wollte man den Personalapparat ursprünglich sehr effizient gestaltet haben.
Auf seiner letzten Hauptversammlung kommentierte Ex-Aufsichtsratschef Nikolaus Schweickart den damals wieder eingetretenen Stellenaufbau noch mit den Worten, die Aktionäre sollten sich keine Sorgen machen. Der jetzige Stellenaufbau hieße nicht, dass man das zuvor eingesparte Personal nun wieder eingestellt habe. Vielmehr habe man neue Stellen geschaffen, die es vorher nicht gegeben habe. An dieser Version darf man mit dem heutigen Tag allerdings durchaus Zweifel haben und es fragt sich, ob die zahlreichen Programme der vergangenen Jahre – u.a. „Fit for Growth“, „OneDräger“, dazu die aktuelle Restrukturierung – nichts weiter als heiße Luft waren.
Verhandlungen könnten schwierig werden
Ab sofort wird also über Stellenstreichungen und Gehaltsverzichte verhandelt. Auf das Ergebnis darf man schon jetzt gespannt sein. Zwar herrscht zwischen Dräger und den Gewerkschaften nicht gerade ein eisiges Klima. Dennoch ist dies freilich noch lange kein Garant dafür, dass die Pläne des Managements allein deswegen durchgewunken werden. Zuletzt äußerte sich der Betriebsratsvorsitzende Daniel Friedrich auf den Hauptversammlungen nicht ganz unkritisch über bereits in der Vergangenheit erfolgte Stellenstreichungen.
Auch wenn an dieser Stelle keine Neiddebatte aufkommen soll, wird in den Gesprächen vermutlich auch die Vergütung des Managements Thema sein. Zwar sind die Gehälter des Vorstandes in den letzten Jahren teils deutlich rückläufig gewesen, am Hungertuch werden die Vorstände deshalb aber dennoch nicht nagen, wie aus folgender Aufstellung hervorgeht:
Gehalt in Mio. € | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 |
Stefan Dräger | 2,16 | 2,18 | 2,14 | 1,73 | 1,53 |
Gert-Hartwig Lescow | 1,15 | 1,16 | 1,21 | 1,15 | 1,05 |
Anton Schrofner | 1,15 | 1,17 | 1,17 | 0,96 | 0,86 |
Rainer Klug | – | 0,54 | 1,16 | 1,03 | 0,83 |
Dr. Reiner Piske | – | 0,20 | 0,95 | 0,89 | 0,69 |
Herbert Fehrecke | 1,14 | 0,28 | – | – | – |
Summe | 5,60 | 5,53 | 6,63 | 5,76 | 4,96 |
Es wird daher spannend zu sehen sein, ob Gewerkschaft und Betriebsrat obige Gehälter für ein Unternehmen wie Dräger und angesichts der aktuell mauen Ertragslage als angemessen empfinden. Der Erfolg der Verhandlungen könnte daher auch davon abhängen, ob nicht zuletzt auch das Management bereit ist, an einem möglichen Gehaltsverzicht teilzunehmen.