+ Hauptversammlung mit kritischen Tönen erwartet
+ Schwieriges Geschäftsjahr 2017 dürfte für Kritik sorgen
+ Kapitalerhöhung und Wandelschuldverschreibungen sollen genehmigt werden
Am 22. Juni 2018 ab 11:00 Uhr findet die diesjährige Hauptversammlung der SLM Solutions Group AG in den Lübecker media docks statt. Aufgrund der durchwachsenen Geschäftszahlen des letzten Jahres, sowie der gescheiterten Übernahme durch General Electric heißt es in Lübeck in diesem Jahr wohl wieder einmal Wunden lecken.
Angesichts der kritischen Tagesordnungspunkte weiß man in diesem Jahr gar nicht so recht, an welcher Stelle man mit dem Bericht überhaupt anfangen soll. Dieser ist zugegebenermaßen leider etwas länger geworden. Doch bevor man irgendwelche Beschlüsse einfach abnickt, lohnt es sich, sich einmal damit zu befassen. So wie Sie es gewohnt sind, haben wir für Sie alles so einfach wie möglich aufbereitet.
Neues genehmigtes Kapital („Kapitalerhöhung“) steht zur Abstimmung
2014 hatte die Hauptversammlung dem Vorstand die Ermächtigung erteilt rund bis zu 6,9 Mio. neue Aktien auszugeben. Da von dieser bis 2019 laufenden Ermächtigung bisher keinen Gebrauch gemacht worden ist und diese noch vor der 2019 geplanten Hauptversammlung auslaufen würde, soll bereits in diesem Jahr ein Beschluss zur Aufhebung des genehmigten Kapitals 2014 gefällt werden. Im gleichen Atemzug soll ein neues genehmigtes Kapital 2018 geschaffen werden.
Die wesentlichen Spezifikationen:
– Der Vorstand soll ermächtigt werden, knapp 9 Mio. neue Aktien auszugeben. Dies bedeutet gegenüber dem bisherigen genehmigen Kapitals eine Erhöhung um gut 2 Mio. weitere Aktien.
– Die neue Ermächtigung soll bis zum 21. Juni 2023 laufen. Es bleibt damit zu hoffen, dass der neue Beschluss dann auch die vollen 5 Jahre bis zur Hauptversammlung 2023 gilt und wir uns nicht bereits vorher erneut mit einem neuen genehmigten Kapital befassen müssen.
– Die Kapitalerhöhung soll gegen Bareinlage, aber eben auch gegen Sacheinlage möglich sein.
– Das Bezugsrecht der Aktionäre darf – wie heutzutage leider üblich – aus diversen Gründen ausgeschlossen werden. Dazu zählt hier vor allem auch die Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage.
Kritik am genehmigten Kapital
Vor allem gegen die letzten beiden Punkte regt sich unter den Aktionären teils erheblicher Widerstand. Durch die Beschlussvorlage wäre es dem Vorstand möglich, die Kapitalerhöhung im Gänze gegen Sacheinlage durchzuführen und die neuen Aktien beispielsweise gegen Beteiligungen an anderen Gesellschaften „zu tauschen“. Damit müsste die folglich eintretende Verwässerung der eignen Anteile durch die Bestandsaktionäre quasi widerstandslos hingenommen werden.
Auch an der Höhe des neuen genehmigten Kapitals gibt es Kritik. Mit rund 9 Mio. neuen Aktien würde sich das Grundkapital damit um immerhin rund 50% erhöhen. Dies ist für eine mögliche Kapitalerhöhung ein echter Kaventsmann und könnte natürlich ganz erhebliche Auswirkungen auf die künftige Dividende, sowie das Stimmrecht haben.
Der Teufel steckt im Detail, Teil I
Zwar gibt es auch einen Passus, nach dem die Kapitalerhöhung(en) lediglich in Höhe von 20% des Grundkapitals ohne Bezugsrecht für die Altaktionäre erfolgen dürfen. Doch sollten die verbleibenden 60% des genehmigten Kapitals (und damit 30% des Grundkapitals) via Sacheinlage erhöht werden, dürften Privatanleger nicht zuletzt auch hier in die Röhre gucken, da sich Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen für Privatpersonen in der Regel als sehr problematisch darstellen. Häufig dienen Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlagen lediglich zum quasi-Ausschluss für Privatanleger. Der Verwässerungseintritt erschiene für viele Aktionäre dann nahezu unabwendbar.
Doch es kommt nochmal etwas dicker: Zu der Zahl von 20% des Grundkapitals die ohnehin auch bei Bareinlage ohne Bezugsrecht für die Altaktionäre ausgegeben werden dürfen, kommt noch jener Anteil junger Aktien hinzu, die über die bereits ausgegebene Wandelanleihe bezogen werden. Das wären immerhin nochmal rund 1,4 Mio. junge Aktien, in Abhängigkeit davon, wie stark das Wandlungsrecht von den Anleihe-Inhabern genutzt würde. Der tatsächliche Anteil vom Grundkapital, der ohne Verwässerungsschutz für die Altaktionäre erhöht werden könnte, dürfte damit bei über 20% liegen und könnte – siehe oben – in der Endabrechnung so sogar auf mehr als 50% anwachsen.
Ein kleiner Trost für die Aktionäre findet sich immerhin im weiteren Bericht des Vorstands. Demnach bestünde derzeit kein konkretes Vorhaben, die genehmigte Kapitalerhöhung tatsächlich auch zu nutzen. Dennoch muss gesagt werden, dass 5 Jahre ein langer Zeitraum sind, in dem sich Meinungen schnell ändern können.
Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen vorgesehen
Neben der oben ausführlich erläuterten Kapitalerhöhung ist in diesem Jahr auch eine erneute Ermächtigung zur Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung vorgesehen. 2014 hatte es einen Hauptversammlungsbeschluss bezüglich der Ausgabe von 250 Mio. Wandelschuldverschreibungen gegeben. Diese Ermächtigung wurde dann im Jahre 2017 genutzt und man konnte erfolgreich Wandelschuldverschreibungen platzieren. 58,5 Mio. Papiere konnten so an den Mann gebracht werden. Daraus ergibt sich ein potenzielles Wandlungsrecht in Höhe von rund 1,9 Mio. junger Aktien.
Aus drei Gründen sieht der Vorstand nun die Notwendigkeit zu einer neuen Ermächtigung zur Ausgabe weiterer Wandelschuldverschreibungen:
1. Die bisherige Ermächtigung ist nach Lesart des Vorstands „teilweise ausgeschöpft“, obwohl noch immerhin knapp 200 Mio. Euro verfügbar sind.
2. Das bedingte Kapital 2014 läuft noch vor der Hauptversammlung 2019 aus.
3. Man möchte auch weiterhin in der Finanzierung flexibel bleiben.
Daher soll nun ein neuer Beschluss bezüglich des bedingten Kapitals und der Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gefasst werden. Erneut sollen bis zu 250.000.000 Schuldverschreibungen emittiert werden dürfen. Die Zahl der damit potenziell neu auszugebenden Aktien beträgt somit nochmals rund 7,6 Mio. Stück.
Begriffserklärungen
Vielleicht an dieser Stelle einmal ein paar begriffliche Erläuterungen für jene Leser, die noch nicht ganz so bewandert sind im Bereich der Kapitalerhöhungen:
– „Ermächtigung zur Ausgabe von (z.B.) Wandelschuldverschreibungen„: Dem Vorstand wird erlaubt, Wandelschuldverschreibungen (auch „Wandelanleihe“ genannt) auszugeben – logisch! Wandelanleihen sind wie normale Anleihen (Kredite) zu betrachten, die zusätzlich noch über ein Wandlungsrecht verfügen: Der Anleihe-Inhaber (Gläubiger) darf seine Anleihe unter bestimmten Bedingungen gegen Aktien des Schuldners tauschen („wandeln“).
– „Genehmigtes Kapital„: Der Vorstand darf neue Aktien ausgeben und so das Grundkapital der Gesellschaft erhöhen (Umgangssprachlich auch „Kapitalerhöhung“).
– „Bedingtes Kapital„: Hier besteht eine große Ähnlichkeit zum genehmigten Kapital. Die Ausgabe neuer Aktien steht jedoch unter einer gewissen Bedingung, beispielsweise jener, dass der Inhaber einer Wandelanleihe von seinem Wandlungsrecht Gebrauch macht. Tritt die Bedingung nicht ein, werden auch keine jungen Aktien ausgegeben.
Der Teufel steckt im Detail, Teil II
Dazu ist auch eine kleine, aber womöglich doch entscheidende Veränderung des bedingten Kapitals vorgesehen. Bisher diente das bedingte Kapital in Höhe von auch bisher schon 7,6 Mio. junger Aktien lediglich der Lieferung eben jener Aktien für den Fall, dass die Wandelanleihe-Inhaber von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch machen. Mit dem jetzigen Beschlussvorschlag soll die Ausgabe neuer Aktien auch möglich sein, um die Schuldverschreibungen bei Endfälligkeit oder Kündigung anstelle einer Barzahlung abzulösen. Der tatsächliche Eintritt der Ausgabe neuer Aktien wird dadurch ganz erheblich wahrscheinlicher als unter der alten Regelung. Hier erhöht sich die Verwässerungsgefahr für die Altaktionäre erneut.
Alles in allem zusammengerechnet könnte sich so eine Gesamt-Kapitalerhöhung um rund 100% des aktuellen Grundkapitals ergeben. Es ist zwar sehr unwahrscheinlich, dass diese Verwässerung in voller Höhe eintritt, doch es wäre genauso vermessen anzunehmen, dass die Altaktionäre künftig völlig ungeschoren davon kommen.
Angesichts der künftig womöglich zahlreichen in Umlauf befindlichen Wandelschuldverschreibungen und der potenziell anstehenden Kapitalerhöhung fragen sich die Aktionäre fast schon, welchen Sinn ein Halten der SLM-Aktien derzeit überhaupt noch ergibt. Zumindest könnte es in Zukunft zu einer ganz erheblichen Verwässerung des Stimmanteils – und damit auch der ihnen zustehenden Dividenden – kommen. Man darf daher gespannt sein, wie sich der Aktienkurs in Zukunft verhalten wird. Problematisch könnte auch die zunehmend komplexer werdende Kapitalstruktur der Gesellschaft werden.
Kein Beschluss zur Gewinnverwendung
Da die SLM Solutions Group AG als Tech-StartUp in den letzten Jahren Verluste geschrieben hat und somit auch kein Bilanzgewinn angefallen ist, entfällt der sonst obligatorische Beschluss zur Verwendung des Bilanzgewinns. Auf eine Dividende brauchen die Aktionäre auch 2018 also nicht zu hoffen. Es wird erwartet, dass sich dieser Fakt auch in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht ändert.
Erwähnt werden sollte an dieser Stelle noch eine Kritik an der Einladung. Der SH-Investor kann es angesichts der anstehenden Tagesordnungspunkte verstehen, dass die Einladung dieses Mal etwas länger ausgefallen ist und viel juristischen Text enthält. Dafür haben wir durchaus Verständnis. Wir können es jedoch nicht nachvollziehen, weshalb man die Einladung auf den Seiten der Gesellschaft lediglich im Broschürenformat und angesichts der Einladungslänge nicht zumindest wahlweise auch im deutlich besser lesbaren DIN A4-Format zur Verfügung gestellt hat. Man hat fast den Eindruck, es sei ein Ansinnen der Gesellschaft gewesen, die Aktionäre vom tatsächlichen Lesen der Beschlussvorlagen abzuhalten. Dies findet der SH-Investor wie auch die oben besprochenen Nachteile für Privatanleger durchaus bedenklich.
Um diesen Bericht nicht noch weiter in die Länge zu ziehen verkneifen wir es uns an dieser Stelle noch auf die wirtschaftliche Lage der SLM Solutions Group AG einzugehen. Es sei lediglich erwähnt, dass sich der Jahresverlust 2017 auf nun 3,7 Mio. Euro ausgeweitet hat.
Die Tagesordnungspunkte im Einzelnen
TOP 1 – Vorlage des Jahresabschlusses 2017:
Hierüber wird keine Abstimmung stattfinden, da der Aufsichtsrat den Jahresabschluss bereits festgestellt hat.
TOP 2 – Entlastung des Vorstands:
Man darf gespannt sein, inwieweit die Treue der Aktionäre zum Vorstand durch das letzte Jahr gelitten hat. Daran, dass der Beschluss eine Mehrheit finden, wird gibt es hingegen kaum Zweifel. Im Vorjahr bekam der Vorstand noch hervorragende 99,91% Zustimmung.
TOP 3 – Entlastung des Aufsichtsrats:
Auch auf den Aufsichtsrat darf man gespannt sein. Im letzten Jahr bekam der Aufsichtrat lediglich 79,40% Zustimmung. Diese Zahl war in den letzten Jahren immer kleiner geworden. Setzt sich der Trend weiterhin fort, dann könnte es so langsam eng werden mit der Entlastung.
TOP 4 – Wahl des Abschlussprüfers:
Vorgeschlagen ist die PricewaterhouseCoopers GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus Hannover. Eine Zustimmung darf erwartet werden.
TOP 5 – Beschluss über die Aufhebung des genehmigten Kapitals und Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals:
Wir wagen an dieser Stelle keine Prognose, ob die Beschlussvorlage durchkommt. Dies wird womöglich auch davon abhängen, ob sich ein Aktionär mit ausreichender Rhetorik findet, welcher über den geplanten Beschluss zu referieren (und auch zu informieren) versteht.
TOP 6 – Beschluss über die Aufhebung der Ermächtigung zur Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung und Schaffung einer neuen Ermächtigung:
Auch hier wagen wir keine Prognose bezüglich des Wahlausgangs (siehe TOP 5). Womöglich wird diesem Beschluss jedoch etwas freundlicher beschieden als TOP 5.
Vor der Hauptversammlung sind keine Gegenanträge zur Tagesordnung eingegangen.
Mit der Hauptversammlung der SLM Solutions Group AG endet die Hauptversammlungssaison der SH-Unternehmen für 2018. Der SH-Investor wird in Lübeck vor Ort sein und selbstverständlich auf Der SH-Investor von der Hauptversammlung berichten.
Weiterführende Links zum Thema
Wir sind gebeten worden, in unseren Berichten mehr Links zu weiterführenden Informationen zur Verfügung zu stellen. Diesem Vorschlag wollen wir hiermit auch gerne Rechnung tragen:
– Einladung von SLM Solutions zur Hauptversammlung
– Stimmverhalten der DSW
– Stimmverhalten der SdK
Hinweise auf mögliche Interessenskonflikte
Aufgrund des Inhalts des Beitrages sehen wir die Voraussetzungen des Artikel 20 der Marktmissbrauchsverordnung an dieser Stelle erfüllt. Wir geben daher hiermit bekannt, dass der Autor des Beitrags zum Zeitpunkt der Veröffentlichung über Inhaber-Aktien der SLM Solutions Group AG verfügt (ISIN: DE000A111338). Der Autor beabsichtigt derzeit nicht, innerhalb der nächsten Tage nach Veröffentlichung Wertpapiertransaktionen bezüglich der SLM Solutions Group AG zu tätigen.