Kommt die Hypoport AG nach Lübeck?

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+ Finanzdienstleister Hypoport steht vor dem Sprung nach Lübeck
+ Hauptversammlung hat Umzug bereits genehmigt
+ Hintergrund ist ein Streit mit der Stadt Berlin

Es mutet ungewöhnlich an: Ein etabliertes Unternehmen verlässt die deutsche Hauptstadt und geht stattdessen nach Lübeck, was nach Lesart vieler Unternehmer leider immernoch als „schleswig-holsteinische Provinz“ angesehen wird. Doch bei der Hypoport AG könnte es nun tatsächlich genau so kommen.

Bisher lief der Trend bekanntermaßen eher anders herum: Etablierte Unternehmen verließen Schleswig-Holstein – nicht selten in Richtung Berlin oder in eine andere Großstadt, weil sie dort bessere unternehmerische Chancen sahen. So war es zuletzt bei der mybet AG (ehemals Kiel, heute Berlin) oder auch bei Beate Uhse (ehemals Flensburg, heute in Hamburg, künftig nur noch in den Geschichtsbüchern). Doch nun schickt sich die Berliner Hypoport AG womöglich an, die Lücke, welche die sterbende Beate Uhse AG hinterlassen wird, zu schließen.

Immobilien-Streit mit der Stadt Berlin
Der Hintergrund des möglichen Umzugs der Hypoport ist eigentlich ein ganz banaler: Man wird sich mit dem Vermieter nicht einig! Der Vermieter, das ist neuerdings die Stadt Berlin selbst. Die Hypoport hatte ihre bis dato angemieteten Räumlichkeiten eigentlich bereits selbst erworben, doch die Stadt Berlin übte im letzten Moment ihr Vorkaufsrecht aus und weigert sich seither den bis Ende 2019 laufenden Mietvertrag mit der Hypoport AG zu verlängern. Stattdessen soll nun ein Teil der eigenen Verwaltung in das Gebäude in der Klosterstraße 71 in Berlin-Mitte einziehen, heißt es von Seiten der Stadt.

Dieses Vorgehen will die Hypoport AG nicht hinnehmen und hat die Hauptversammlung den Umzug nach Lübeck daher vorsorglich bereits am 04. Mai dieses Jahres genehmigen lassen, sollte sich die Stadt Berlin tatsächlich der Verlängerung des Mietvertrages verweigern. Die Wahl fiel offenbar aus zweierlei Gründen auf Lübeck: Zum einen ist hier bereits die Unternehmenstochter Dr. Klein mit rund 420 Mitarbeitern angesiedelt. Damit ist der Lübecker Sitz an sich sogar größer als der Berliner Hauptsitz (rund 300 Mitarbeiter). Zum Anderen habe die Stadt Lübeck der Hypoport AG ungefragt bereits eine zentrale Gewerbefläche angeboten, so Hypoport-CEO Ronald Slabke gegenüber den Lübecker Nachrichten.

Umzug ist noch nicht fix
Obwohl es bereits einen Beschluss der Hauptversammlung für den Umzug gibt, welchem mit 99,65% zugestimmt wurde, ist die Sache natürlich noch lange nicht in trockenen Tüchern. Der Beschluss steht schließlich unter dem Vorbehalt, 1. dass die Stadt Berlin tatsächlich Eigentümerin des Gebäudes wird und 2. der Mietvertrag bis zur Hauptversammlung 2019 nicht doch noch verlängert werden kann. Nur dann würde der Umzugs-Beschluss tatsächlich auch in Kraft treten. Nichtsdestotrotz gäbe es natürlich auch dann noch durchaus denkbare Wege, um den Umzug noch abzusagen. Beispielsweise könnte die Hypoport AG einen neuen, anderslautenden Beschluss von der Hauptversammlung fassen und den alten Beschluss damit aufheben lassen.

Die Hypoport AG ist ein börsennotierter Finanzdienstleister im SDAX®, welcher Finanzprodukte u.a. in Deutschland vertreibt. Zudem betreibt die sie diverse Online-Marktplätze im Bereich Finanzen. Insgesamt beschäftigt die Hypoport AG derzeit rund 1.400 Mitarbeiter in ganz Deutschland.


Kommentar
Es würde uns nicht wundern, wenn es sich bei der Angelegenheit in Wahrheit lediglich um einen Poker um Mietflächen und -preise handelt. Die Hypoport hat hierbei gegenüber der Stadt Berlin mit dem Hauptversammlungsbeschluss zum Umzug eine zugegebenermaßen ziemlich beeindruckende Drohkulisse aufgebaut. Es bleibt daher abzuwarten, wer am Ende tatsächlich den Kürzeren zieht.

Uns würde es in jedem Fall nicht überraschen, falls die Hypoport am Ende trotz auslaufenden Mietvertrages doch in Berlin verbleiben sollte. Dafür spricht immerhin, dass die 300 bisher in Berlin beschäftigten Mitarbeiter auch künftig in Berlin ihre Arbeit verrichten sollen. Man müsste also – Sitzverlegung hin oder her – ohnehin eine ausreichend große Ersatz-Immoblilie in Berlin finden. Der Umzugsbeschluss könnte sich also nicht zuletzt als leere Drohung erweisen, auch wenn wir uns selbstverständlich ein weiteres SH-Unternehmen in Lübeck wünschen würden. Doch die unternehmerischen Vorteile in der Hauptstadt sind auch für uns als Schleswig-Holsteiner kaum von der Hand zu weisen.


Weiterführende Links zum Thema
Bericht der Lübecker Nachrichten
Einladung zur Hauptversammlung am 04.05.2018
Abstimmungsergebnisse der Hauptversammlung

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