+ Gut organisierte Hauptversammlung in Lübeck
+ Rege Diskussionsbeiträge in der Generaldebatte
+ Kapitalerhöhung und Wandelanleihe überstehen die Abstimmung
Am 22. Juni 2018 trafen sich die Aktionäre der SLM Solutions Group AG zur diesjährigen Hauptversammlung. Rund 200 Aktionäre haben sich hierfür in den Lübecker media docks eingefunden und sorgten so für einen gut gefüllten Versammlungssaal.
Gescheiterte GE-Übernahme kostet Kunden
Zu Beginn eröffnete Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Joachim Ihde die Hauptversammlung und erklärte, er habe gerne 25 Jahre lang mit Noch-Vorstand Henner Schöneborn zusammengearbeitet. Schöneborn verlässt SLM Solutions am Ende dieses Monats. Ihde handelte die Formalitäten rasch ab, sodass bereits früh der Vorstandsvorsitzende Uwe Bögershausen an das Rednerpult trat. Bögershausen freute sich über die gute Präsenz der Aktionäre auf seiner nunmehr 4. Hauptversammlung. Zudem beleuchtete er nochmals die Highlights des vergangenen Geschäftsjahres. So habe man bei einem Umsatz von 82,5 Mio. Euro einen Auftragseingang von 169,2 Mio. Euro verzeichnen können. Im Mai dieses Jahres sei dann auch die neue Unternehmenszentrale bezugsfertig gewesen.
Doch Bögershausen ließ auch die kritischen Punkte in der Unternehmensentwicklung nicht zu kurz kommen. So habe die im Oktober 2016 gescheiterte Übernahme durch General Electric zu einem zwischenzeitlichen Umsatzeinbruch geführt. „Wie lange gibt es Euch noch?“ und „Was heißt das für die Zukunft?“, seien typische Fragen der SLM-Kunden gewesen. Außerdem, so Bögershausen, „ist uns die Personalaufwandsquote in 2017 viel zu hoch“. Leider müsse man als wachsendes Unternehmen personal-technisch immer erstmal in Vorleistung gehen. „Entweder wir wachsen in diesen hohen Personalbestand rein oder wir müssen da Maßnahmen ergreifen“.
Vom Maschinenbauer zum Lösungsanbieter?
Außerdem äußerte Bögershausen sich auch zur Wandelanleihe. Das eingenommene Geld sei zu einem Drittel zur Verbesserung der F&E-Abteilung, zu einem weiteren Drittel zum Ausbau von Service und Vertrieb und zum letzten Drittel schlicht als Working Capial verplant. Auf den hohen Liquiditätsbestand zahle man derzeit keine Negativzinsen. Abschließend stelle Uwe Bögershausen noch ausführlich das neue Produkt, die „SLM 800“ vor, welche seit November 2017 verfügbar ist. Mit dieser Maschine sei es unter anderem möglich, die gefertigten Produkte vollautomatisch „auszupacken“, sprich: vom restlichen Pulvermaterial zu befreien.
Anschließend traten noch die Vorstände Dr. Axel Schulz und Henner Schöneborn ans Mikrofon. Schulz erläuterte die Vision des Vorstandes für die Zukunft. So solle SLM zunehmend von einem reinen Maschinenbauer zu einem kompletten Lösungsanbieter werden. Neben Beratung bezüglich der additiven Fertigungetechnologie bis hin zu speziell auf SLM-Produkte zugeschnittene Software-Lösungen wolle man sich weiter diversifizieren. Die Testphase der Maschinen sei nun abgeschlossen. Ab jetzt wolle man den Kunden einen echten Mehrwert für ihre Produktion bieten. Zum Abschluss der Vorstandsriege erläuterte Henner Schöneborn noch diverse technische Aspekte der additiven Fertigungstechnik („3D-Druck“).
Ihdes Aktien-Verkauf und nichts Neues zum Schöneborn-Abgang
Danach startete dann die mit Spannung erwartete Generaldebatte, immerhin gab es nach den vergangenen 12 Monaten in einigen Punkten erheblichen Gesprächsbedarf. Als Erster trat Dr. André Sosat von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ans Rednerpult. Er erkundigte sich nach dem Grund für den Abgang von Henner Schöneborn. Hierauf antwortete Hans-Joachim Ihde nahezu wortgleich zur Pressemitteilung – „einvernehmlich“, „persönliche Gründe“, etc. – ohne sich dabei tiefer in die Karten schauen zu lassen. Schöneborn selbst äußerte sich leider nicht zu diesem Thema. Für die Einarbeitung von Dr. Gereon Heinemann – welcher übrigens nicht anwesend war – als Nachfolger gebe es keinen Beratervertrag mit Henner Schöneborn. Dieser stünde SLM stattdessen zu marktüblichen Stundensätzen als Berater zur Verfügung, so Ihde.
Zu seinem eigenen Aktien-Verkauf äußerte sich Hans-Joachim Ihde wie folgt: Er habe aus persönlichen Gründen einen „kleinen Teil“ seines Aktienbestandes an institutionelle Investoren verkauft. Ihde sei nun in einem Alter, „in dem man sich fragen muss, wie es weitergeht“. Bei den Käufern handele es sich überwiegend um europäische Investoren, die größtenteils bereits zuvor Aktionäre der SLM Solutions AG waren. Zudem versicherte Ihde: „Keine Sorge, ich bleibe auch weiterhin investiert!“. Sein Beratervertrag mit SLM sei in der Zwischenzeit beendet, so der Aufsichtsratsvorsitzende.
Hohe (Nicht-)Übernahmekosten
Auf Nachfrage von Sosat antwortete Uwe Bögershausen, SLM würde quasi täglich Ziel von Cyberattacken sein. Bisher seien jedoch alle Attacken durch die bestehenden Sicherheitssysteme abgewehrt worden. Dr. Axel Schulz sagte bezüglich angesprochener potenzieller Patentverletzungen, zur Abwehr von Plagiaten gebe es ein Screening auf mögliche Patentverletzungen durch Mitbewerber auf Messen, in der Literatur, etc. In 2017 habe man erstmals einen Patent-Störer identifizieren können. Mit diesem sei dann eine Lizenzvereinbarung getroffen worden. „Man geht da ja nicht immer gleich mit dem Holzhammer gegen vor.“, so Schulz.
Anschließend trat der Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Peter Tschirner, an das Mikrofon. Auf seine Nachfrage bestätigte Uwe Bögershausen, dass aus der gescheiterten Übernahme durch GE und den daraus folgenden Verlust von General Electric als Kunden ein erheblicher Umsatzverlust entstanden sei. 2016 habe man allein mit GE 3,9 Mio. Euro Umsatz gemacht, 2017 nur noch 2,9 Mio. Für 2018 erwartet der Vorstand nun im Gänze einen Wegfall des Umsatzes mit General Electric. Zudem waren im Rahmen der Übernahme 564.000 Euro Beraterkosten angefallen. Der US-Konzern hat mittlerweile den SLM-Konkurrenten Concept Laser aus Lichtenfels in Bayern übernommen. Ein gezieltes Abwerben von aktuellen SLM-Kunden konnte seither nicht festgestellt werden, ergänzte Dr. Axel Schulz.
Erwartete, aber sparsame Kritik am genehmigten und bedingten Kapital
Auf Nachfrage erläuterte SLM-CFO Bögershausen, der Neubau der Unternehmenszentrale in Lübeck habe insgesamt rund 25 Mio. Euro gekostet. 5 Mio. davon gehen auf den Grundstückskauf zurück. Vom Kredit für den Neubau seinen bis Ende 2020 dann 3,5 Mio. Euro abbezahlt. Prinzipiell sei der Neubau für die derzeitige Produktion flächenmäßig noch zu groß. Doch der Neubau sei eben auf das zukünftige Wachstum von SLM ausgelegt. Anstelle von Flächenproblemen habe man aktuell eher Personalprobleme. Hans-Joachim Ihde ergänzte daher: „Also falls jemand von Ihnen noch einen Job sucht, können Sie gerne sofort zum Interview vorbeikommen.“
Sowohl Peter Tschirner als auch zuvor André Sosat kündigten an, gegen das genehmigte, wie auch gegen das bedingte Kapital (TOPs 5 und 6) zu stimmen. Ein wenig enttäuschend war jedoch, dass niemand den Aktionären so wirklich die hohe Verwässerungsgefahr vor Augen zu führen verstand. Die zahlreichen Kritikpunkte wollen wir an dieser Stelle nicht nocheinmal wiederholen. Wir verweisen stattdessen auf unseren Bericht „SLM Solutions – Vorbericht zur Hauptversammlung 2018„. Dort finden Sie noch einmal alle Kritikpunkte bezüglich des genehmigten und des bedingten Kapitals 2018.
Forderung nach mehr Vielfalt im Führungsstab
Als dritte Rednerin folge Frau Sandra Hörst aus Lübeck. Sie stellte fest, dass für ein weltweit aktives Unternehmen wie SLM Solutions sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat erstaunlich „männlich, weiß und 50 Jahre alt“ seien. Sie wollte daher wissen, ob und wann denn geplant sei, dies zu ändern. Für ihre Aussagen erhielt Frau Hörst aus einigen Teilen des Publikums starken Applaus. Auf die Frage antwortete Aufsichtsratsvorsitzender Ihde. So würden sowohl Vorstände als auch Aufsichtsräte bei SLM ausschließlich nach Kompetenz und Fähigkeit ausgewählt. Man unterscheide dabei nicht nach Geschlechtern oder ähnlichen Kriterien. „Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass im gesamten Unternehmen SLM Solutions eine sehr hohe Vielfalt unter den Mitarbeitern herrscht.“, so Hans-Joachim Ihde.
Auf Nachfrage von Peter Tschirner skizzierte Axel Schulz noch anschaulich die ärgsten Konkurrenten von SLM Solutions und die aktuellen Marktanteile. So gebe es vor allem 3 große Akteure am Markt, die zusammen rund 70% Marktanteil hätten:
– Derzeit am größten ist die Concept Laser GmbH aus dem bayrischen Lichtenfels. Concept Laser wurde nach der gescheiterten SLM-Übernahme als Ausweichkandidat von General Electric übernommen. In der Folge habe Concept Laser seine Geräte zu Schleuderpreisen am Markt veräußert, ergänzte Uwe Bögershausen, „offenbar passen die Standards von Concept Laser und GE nicht zueinander“, weshalb man die Altgeräte rasch loswerden wollte. Mittlerweile habe sich die Preislage für SLM wieder deutlich verbessert.
– Das zweitgrößte Unternehmen sei aktuell die EOS GmbH (Electric Optical Systems) aus der Nähe von München.
– An dritter Stelle rangiert derzeit dann SLM Solutions.
Die Tagesordnung und Abstimmungsergebnisse
TOP 1 – Vorlage des Jahresabschlusses 2017:
Hierüber wurde nicht abgestimmt, da der Aufsichtsrat den Jahresabschluss bereits festgestellt hat.
TOP 2 – Entlastung des Vorstands:
Das Vertrauen in den Vorstand hat durch das abgelaufene Jahr offenbar kaum gelitten.
99,38% Zustimmung (Vorjahr: 99,91%)
TOP 3 – Entlastung des Aufsichtsrats:
Aufgrund gewisser Animositäten kommt der Aufsichtsrat bei SLM traditionellerweise schlechter weg als der Vorstand. Immerhin: Gegenüber den Vorjahren ist das Vertrauen erstmalig wieder gestiegen.
81,42% (79,40%)
TOP 4 – Wahl des Abschlussprüfers:
Gewählt wurde die PricewaterhouseCoopers GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus Hannover. Warum das Ergebnis überraschend schwach ausfiel können wir an dieser Stelle nicht sagen.
89,52% (93,07%)
TOP 5 – Beschluss über die Aufhebung des genehmigten Kapitals 2014 und Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals 2018:
Für die Satzungsänderung wird gemäß den §§ 179 und 182 AktG in Verbindung mit §12 der Satzung der SLM Solutions Group AG offenbar eine Mehrheit von 50% benötigt. Diese wurde in der Abstimmung erreicht.
76,30%
TOP 6 – Beschluss über die Aufhebung der Ermächtigung zur Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung 2014 und Schaffung einer neuen Ermächtigung 2018:
(siehe TOP 5)
76,31%
Zum Abschluss der Hauptversammlung um 14:30 Uhr lud Hans-Joachim Ihde die Aktionäre noch zum Tag der offenen Tür am 25.08.2018 von 12 bis 16 Uhr in die neue Firmenzentrale, Estlandring 4 in Lübeck ein. „Kommen Sie vorbei und bringen Sie ruhig Ihre Familie mit!“, sagte Ihde. Man habe den Tag der offenen Tür in diesem Jahr in den August gelegt, weil man allen Interessierten die neue Zentrale mit dann auch bereits fertiggestellten Grünanlagen präsentieren wolle.
Kein erkennbarer Streit in der Führungsmannschaft
Insgesamt hatte man entgegen der Personalquerelen der letzten Monate nicht den Eindruck, dass es zwischen Vorstand und Aufsichtsrat in irgendeiner Weise knirschen würde. Stattdessen ging man durchaus herzlich miteinander um. Lediglich der neue Vertriebsvorstand Dr. Axel Schulz wirkte ein wenig isoliert. Hierzu muss jedoch gesagt werden, dass er auch erst seit Februar 2018 mit an Bord ist. Was nicht ist, kann ja (hoffentlich) noch werden.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Hauptversammlung durchaus gut organisiert war. Es bleibt nur ein Kritikpunkt: Es wäre schön, wenn man den Aktionären den Geschäftsbericht etwas freigiebiger aushändigen würde. Bei den aller-meisten Gesellschaften liegt dieser offen aus. Dass man bei SLM Solutions hingegen gezielt nachfragen (oder nennen wir es: betteln) muss, ist nicht besonders schön, zumal der SH-Investor bereits 20 Minuten vor Versammlungsbeginn laut Aussage der Mitarbeiterin „das letzte Exemplar“ bekommen hat. Das kann man sicher besser machen.
Weiterführende Links
Unser Vorbericht zur HV
Vorbericht zur HV durch SLM
Einladung zur HV
Offizielle Abstimmungsergebnisse