+ Spannendes Kräftemessen vor dem OLG
+ Drägerwerk darf auf mildes Urteil hoffen
+ Richterspruch erfolgt bereits Ende April
Nachdem die Deutsche Balaton AG und die Sparta AG ebenso wie das Lübecker Drägerwerk Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil im Genussscheinprozess eingelegt haben, wurde es nun vor dem Oberlandesgericht in Schleswig erneut spannend. Am gestrigen Mittwoch stand die erste – und offenbar auch einzige – mündliche Verhandlung vor dem OLG auf dem Plan. Der SH-Investor war mit vor Ort.
Rechtlicher Hinweis: Bitte beachten Sie vor dem Lesen dieses Textes, dass Der SH-Investor kein Jurist ist und daher auch keine fachmännische Einschätzung des Sachverhaltes abgeben kann, bzw. darf. Alle Ausführungen erfolgen ohne Gewähr. Die Namen von Personen wurden aus Datenschutz-Gründen weggelassen.
Es war wie so häufig ein verregneter Tag, als sich die Beteiligten im Dräger-Genussscheinprozess am 19.02.2020 in Schleswig zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht trafen. Nachdem sich die Verhandlung aufgrund verspäteter Rechtsanwälte um eine halbe Stunde verzögerte, waren insgesamt acht Prozessbevollmächtigte aller Parteien erschienen. Zusätzlich waren sieben Besucher – darunter zwei Nebenkläger, sowie Der SH-Investor – vor Ort.
Anfechtungsantrag der Kläger offenbar chancenlos
Zu Beginn erläuterte die vorsitzende Richterin nochmals die Sachlage. Im Laufe dieser Ausführungen bekam so ziemlich jede Verfahrensseite gleichermaßen ihr Fett weg. Zuerst ging es um den Hauptversammlungsbeschluss zur Kapitalerhöhung bei gleichzeitiger Nicht-Ausgabe neuer Genussscheine, welchen die Kläger anfechten lassen wollten. Hierfür kämen nach Ansicht der vorsitzenden Richterin ausschließlich folgende Möglichkeiten in Betracht:
Verstoß gegen die Satzung?
Da die Gesellschaft laut Satzung lediglich dazu ermächtigt werde, weitere Genüsse auszugeben, sei kein Verstoß gegen die Satzung erkennbar. Eine Ermächtigung sei nicht mit einer Pflicht zur Ausgabe weiterer Genussscheine zu verwechseln, so die Richterin.
Verstoß gegen das Gesetz I: Treuepflichten?
Zu den gesetzlichen Pflichten einer jeden Gesellschaft gehörten laut Richterin auch entsprechende Treuepflichten, die hier unter Umständen verletzt worden sein könnten. Zwar habe der Bundesgerichtshof eine Reihe von Treuepflichten entwickelt, hieraus ließen sich aber keine Treuepflichten der Aktionäre gegenüber den Genussschein-Inhabern herauslesen. Da Inhaber von Genussrechten keine stillen Teilhaber seien, seien sie auch nicht wie Aktionäre zu behandeln, stellte das Gericht klar. Aus diesen Gründen war die Hauptversammlung auch nicht zur Ausgabe neuer Genussscheine verpflichtet.
Verstoß gegen das Gesetz II: Treuepflichten!
Im Gegensatz zu den Aktionären, habe eine Aktiengesellschaft laut BGH jedoch sehr wohl Treuepflichten gegenüber ihren Genussschein-Inhabern. Hierbei genießen die Gesellschaften jedoch einen weiten unternehmerischen Spielraum. Dieser sei in aller Regel schon dadurch erfüllt, dass Aktiengesellschaften vom Gesetz her demokratisch ausgestaltet seien. Dass der Beschlussvorschlag zur besagten Hauptversammlung seinerzeit nicht aus dem Kreise der Aktionäre, sondern aus der Verwaltung kam, sei dabei irrelevant. Zwar könne man argumentieren, ob an dieser Stelle Treuepflichten verletzt worden seien, doch wenn man Genussrechte einer Gesellschaft erwirbt, so sei jedem Käufer nach Ansicht des Gerichtes klar, dass es in diesen Unternehmen auch Mehrheitsaktionäre gebe.
Alles in allem sieht das Gericht daher offenbar keine Gründe, dem Anfechtungsantrag gegen den Hauptversammlungsbeschluss zu entsprechen. Stattdessen wolle man sich viel lieber über den gewährten Nachteilsausgleich für die Genussscheine unterhalten.
Hält die Anspruchsgrundlage überhaupt stand?
Doch anstatt über die Höhe dieses Nachteilsausgleiches zu diskutieren, äußerte das Gericht zu Beginn Zweifel daran, dass die Genussschein-Inhaber im konkreten Fall überhaupt Anspruch auf eine Entschädigung gehabt haben könnten. So wird in §8 Abs. 3 der Genussscheinbedingungen – hier beispielhaft der Serie A – in Sachen Verwässerungsschutz auf §4 Abs. 2 verwiesen – jedoch ohne dabei das Wort „entsprechend“ zu verwenden, obwohl dieses in den restlichen Genussscheinbedingungen durchaus Verwendung findet. Man könne sich daher die Frage stellen, warum dies an genau jener Stelle unterlassen wurde, so die vorsitzende Richterin am OLG. Dieser §4 Abs. 2 behandelt nämlich nur den Fall, dass das Genusskapital – anstelle des Stammkapitals – ohne Bezugsrecht erhöht wird.
Zudem scheint das Gericht diesem Sachverhalt keine geringe Bedeutung beizumessen. Immerhin betonte der Senat, man werde bei der Beurteilung des Sachverhaltes davon ausgehen, dass es sich bei den Genussschein-Inhabern nicht etwa um „Verbraucher beim Lebensmittel-Einkauf“, sondern um sachverständige Vertragspartner handele. Doch insgesamt neigt das Gericht offenbar dazu, das fehlende Wörtchen „entsprechend“ in die Genussscheinbedingungen hineininterpretieren zu wollen. „Man könnte ansonsten die Frage aufwerfen: ‚’Wie soll man das sonst verstehen?’“, verlautete die Richterin ihre Einschätzung.
Die Auslegung des „Nachteils“
Um den durch die Kapitalerhöhung entstandenen Nachteil für die Genussschein-Inhaber auszulegen, sei zudem erforderlich überhaupt den Zeitpunkt zu bestimmen, zu diesem der Nachteil in voller Höhe entstanden sei, so das Gericht. Hierfür gäbe es zwei mögliche Zeitpunkte, nämlich:
1. als die neuen Aktien ausgegeben wurden oder
2. als ein Bezugsrecht auf neue Genussscheine ausgeschlossen wurde.
Da der volle Nachteil nach Ansicht des Gerichtes erst zum Zeitpunkt #2 entstanden sei, neige man dazu, eine mögliche Entschädigung erst von diesem Zeitpunkt ausgehend zu berechnen, so die Richterin. Für die Kläger-Seite ist dies durchaus ärgerlich, hatte eine Gutachterin für diese Variante doch einen deutlich niedrigeren Entschädigungsbetrag ermittelt.
Billiges Ermessen offenbar verletzt
Nach wie vor sei jedoch zu prüfen, ob die durch Dräger festgelegte Entschädigung der geforderten Billigkeit entsprach. Diese Billigkeit habe ihre Grenzen, betonte die vorsitzende Richterin. Doch auf der anderen Seite habe das Drägerwerk jedoch auch einen gewissen Spielraum bei der Ausübung dieses Ermessen, in den auf keinen Fall eingegriffen werden dürfe. „Erst wenn diese Grenzen verletzt worden sind, sind wir beim Richterersatzrecht!“, so der Senat. Uns so sah es bis zu diesem Zeitpunkt nach einem traurigen Tag für die Kläger-Seite aus. Doch dies sollte sich mit den folgenden Ausführungen des Gerichtes ändern:
Im vorliegenden Fall sehe das Gericht die Grenzen des billigen Ermessens nämlich nach vorläufiger Einschätzung als verletzt an, hieß es. So setze die von Dräger angewandte Berechnungsformel zahlreiche Annahmen voraus, die nicht annähernd erfüllt worden seien. Unter anderem seien Bezugswerte zu niedrig angesetzt und Nachteile für die Genussscheine eher unterbewertet worden. Zudem seien für die Berechnung der Entschädigung lediglich Kurse der Hamburger Wertpapierbörse berücksichtigt worden. Dies habe unter Umständen eine schlechte Aussagekraft, so das Gericht.
Insgesamt weise die Berechnungsformel von Dräger nach Ansicht des Gerichts zu viele Unwägbarkeiten auf. Daher werde sich das Gericht vermutlich stark am erstellten Sachverständigen-Gutachten orientieren. Zwar sei dessen Berechnungsmethode in gewisser Weise auch willkürlich, aber man müsse nunmal mit dem arbeiten, was dem Gericht angeboten werde, so die Richterin. So weit, so gut, aus Sicht der Kläger, welche eine höhere als die von Dräger bisher gezahlte Entschädigung fordern. Doch es sollten noch zwei harte Tiefschläge folgen, durch welche das Drägerwerk durchaus noch zum Gewinner des Verfahrens werden könnte.
Tiefschlag #1: Verzinsung bleibt ein Fragezeichen
Der erste Tiefschlag schlug beim Thema „Zinsen“ ein! So kündigte die vorsitzende Richterin an, nach aktueller Einschätzung keine sonst übliche Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten plus Basiszinssatz zu gewähren. Dies sei nicht nur eine Konsequenz aus der langen Verfahrensdauer – das Lübecker Landgericht hatte das Verfahren rund acht Jahre in Bearbeitung – sondern resultiere auch daraus, dass das Gericht gedenkt, die Zinsen in Abwägung ALLER Interessen festzulegen. Dazu gehörten insbesondere auch die Interessen der Gesellschaft, betonte die vorsitzende Richterin.
Dies wäre aus Kläger-Sicht umso bedauerlicher, weil sich aufgrund der langen Verfahrensdauer – je nach angenommener Höhe des Zinssatzes – der Zinsanteil unter Umständen deutlich höher ausfällt, als die gewährte Entschädigung an sich. Das Gericht betonte aber auch, sich in Sachen Zinsen derzeit noch nicht festgelegt zu haben. Ein Hoffnungsschimmer für die Kläger bleibt also.
Tiefschlag #2: Zahlreiche Anleger gehen offenbar leer aus
Der zweite Tiefschlag schlug erneut hart ein. So sah das Gericht den geringen Betrag in Höhe von nur einem Cent, für den die Deutsche Balaton AG die Ansprüche aus den Genussscheinen hälftig erworben hatte, als sehr gering – unter Umständen gar als nicht angemessen – an. Zudem sehe man aufgrund des 50%igen Anteils der zusätzlichen Entschädigung, sowie eventueller Interessenskonflikte womöglich eine Rechtsdienstleistung nach §2 Abs. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz, so das Gericht. Das OLG bestätigt damit vermutlich die Rechtsauffassung des Lübecker Landgerichtes.
In diesem Moment ging ein hörbares Raunen durch den Gerichtssaal, welches insbesondere von den Prozessbeobachtern ausging. Immerhin könnte diese Einschätzung des Gerichtes dazu führen, dass die Abtretung der Rechte aus den Genussscheinen an die Deutsche Balaton AG – und unter Umständen auch an die Sparta AG – nichtig ist. Die hiervon betroffenen Nebenkläger würden dann vermutlich leer ausgehen. Um ihre Rechte nicht im Jahr 2014 verjähren zu lassen hätte demnach jeder Genussschein-Inhaber einzeln gegen das Drägerwerk auf Nachzahlung klagen müssen – mit allen dazugehörigen Prozessrisiken.
Sollte diese Rechtssprechung so kommen wäre das ein großer Sieg für das Drägerwerk, welches es dann „erreicht“ hätte, dass ein Großteil der Genussschein-Inhaber ihre Ansprüche aus Unwissenheit dieser Rechtslage voraussichtlich haben verjähren lassen. Offenbar gibt es jedoch auch eine handvoll Anleger, welche in der Tat den Weg einer Klage abseits von Balaton und Sparta beschritten haben und hiervon nicht betroffen sein dürften.
Offenbar keine Revisionszulassung
Auf Nachfrage der Dräger-Anwälte erklärte das Gericht anschließend noch, voraussichtlich keine Revision vor dem Bundesgerichtshof zulassen zu wollen. Dies sei vor allen Dingen eine Folge davon, dass es in diesem Verfahren hauptsächlich darum gehe „billiges Ermessen“ auszulegen, so die Richterin. Zwar protestierten mehrere Anwälte gegen diese Ansicht, weil dann auch künftig unklar sei, welche Berechnungsformel zum Nachteilsausgleich höchstrichterlich und für alle Gesellschaften bundesweit Bestand haben würde, doch ob diese Einsprüche gehört werden, blieb unklar. Geht man davon aus, dass auch eine Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg hat, wird das Verfahren damit bereits vor dem OLG sein Ende finden.
Ring frei zur letzten Runde
Es folgte eine kurze Pause, in welcher teils hitzige Diskussionen zwischen den Rechtsparteien geführt wurden. Nach der Pause meldeten sich die Anwälte aller Seiten nochmal mit zahlreichen Äußerungen zu Wort. Diese Äußerungen sollen im folgenden Abschnitt kurz zusammengefasst sein.
Deutsche Balaton AG:
Die Anwälte der Balaton AG argumentierten geschickt und betonten, dass dem Drägerwerk die Umstände seines Handelns von Anfang an bekannt gewesen seien. Bereits in einem Gutachten der KPMG-Unternehmensberatung sei die von Dräger angewandte Berechnungsformel als nicht alternativlos bezeichnet worden. Das Drägerwerk sei daher in diesem Sinne nicht schutzwürdig.
Des Weiteren könne man sich nicht vorstellen, dass der Gesetzgeber mit der Novellierung des Rechtsdienstleistungsgesetzes von 2009 Fälle, wie diesen im Auge gehabt habe. Stattdessen sei die Neuregelung vor allem eine Maßnahme gegen einige Inkassobüros gewesen. Zudem habe die Deutsche Balaton AG ihren Nebenklägern zu keinem Zeitpunkt Rechtsberatung geleistet. Die Nebenkläger hätten lediglich das entsprechende Formular zur Rechteabtretung ausgefüllt. Auch beim geringen Kaufpreis sah man kein Problem. Man habe den einen Cent lediglich gewählt, weil man den genauen Marktpreis der Rechte nicht einschätzen konnte. Um die Marktgerechtigkeit dennoch herzustellen, habe man daher eine nachträgliche Nachbesserung des Kaufpreises in Höhe von 50% der Entschädigung vereinbart.
Außerdem konnten die Rechtsanwälte der Balaton AG die von der Richterin angesprochenen möglichen Interessenskonflikte nicht erkennen. „Wo soll darin ein Interessenskonflikt liegen?“, fragte einer der Anwälte. „Wollen Sie darauf nun eine Antwort von mir?“, so die vorsitzende Richterin. Dies bestätigte jener Anwalt unter hörbarer Heiterkeit im Publikum. Sie notierte es sich.
Sparta AG:
Dann waren die Anwälte der Sparta AG an der Reihe. Einer betonte, dass es dem Vorstand des Drägerwerks auch ohne Beschluss der Hauptversammlung jederzeit möglich gewesen wäre neue Genussscheine auszugeben. Er spielte damit darauf an, dass die Treuepflicht der Gesellschaft ihren Genussrechtsinhabern gegenüber aus seiner Sicht durchaus verletzt worden sein könnte.
Zudem habe die Sparta AG im Gegensatz zu Deutschen Balaton AG niemals ein öffentliches Angebot an die Inhaber von Genussrechten gemacht. Stattdessen sei man von drei Kunden aktiv um die Nebenklägerschaft gebeten worden. Hiermit hofft man bei Sparta offenbar darauf, im Gegensatz zu den Balaton-zugehörigen Anlegern doch noch eine Entschädigung für die ihnen zugeordneten Nebenkläger herausholen zu können.
Drägerwerk AG & Co. KGaA:
Die anschließend zu Wort kommenden Dräger-Anwälte wussten jedoch auch ihrerseits einige Stiche zu machen und konnten gegen einige der vorgebrachten Argumente punkten. Überhaupt schien es in der Verhandlung kaum ein Argument zu geben, welches von der Gegenseite nicht sofort wiederum attackiert worden ist. Einer der Dräger-Anwälte nannte die Abtretung der Rechte aus den Genussscheinen an Balaton und Sparta schlicht „nichtig“. Zudem beteuerten sie teils emotional, auch aus heutiger Sicht immernoch alles genauso zu machen, weil ihnen damals wie heute kein besseres Verfahren bekannt sei, um die Entschädigung für Inhaber von Genussrechen zu berechnen.
Darüberhinaus, monierten die Anwälte, weisen die Berechnungsmethoden der Gutachterin einige Inkonsistenzen auf. So würden Börsenkurse mal angewandt, mal wieder verworfen und stattdessen auf fiktive Werte zurückgegriffen. Überhaupt gebe es nach Sicht der Dräger-Anwälte keinen objektiveren Wert als korrekt zustande gekommene Börsenkurse. Wenn man diese infrage stelle, könne man praktisch gleich philosophisch werden, betonte einer. Außerdem habe die Gutachterin zwei Jahre einer starken Aufschwungphase bei Dräger genommen und diese dann einfach weiter in die Zukunft projiziert. Daraufhin warf ihnen ein Anwalt der Balaton AG „Stimmungsmache“ vor und verwies erneut auf das besagte KPMG-Gutachten.
Das Gericht äußert sich ein letztes Mal
Nach einer erneuten Pause kehrte das Gericht aus seiner Beratung zurück, um auf einige Argumentationspunkte einzugehen. So versprach die vorsitzende Richterin, die Berechnungsformel der Frankfurter Gutachterin erneut zu prüfen. Eventuell werde die Gutachterin hierzu nochmals befragt. Momentan neige das Gericht jedoch dazu, eine erneute Befragung als nicht erforderlich anzusehen. Die vom Drägerwerk angewandte Methode zur Nachteilsberechnung nannte die Richterin jedenfalls wörtlich „unbillig“.
Was die Vorschriften des Rechtsdienstleistungsgesetzes angeht, so könne man laut Richterin sicherlich über Sinn und Zweck, wie auch über das Ausmaß der Regelung diskutieren, doch Fakt sei auch, dass man bei der Auslegung eine gewisse „Wortlaut-Grenze“ habe. Ob diese Einlassungen dazu geeignet sind, dass zumindest die Sparta-Kunden noch Hoffnungen auf eine Nachzahlung hegen dürfen, muss bis zur Urteilsverkündung jedoch unklar bleiben.
Fazit: Punktsieg für Dräger?
Gerade die letzte Ausführung der Richterin dürfte den Nebenklägern – insbesondere der Balaton AG – eher wenig Mut machen, auf eine zusätzliche Entschädigung hoffen zu dürfen. Dies macht den Prozess freilich auch für den Hauptkläger Balaton erheblich unattraktiver, erschöpft sich dessen Prozessgewinn nicht zuletzt vor allem daraus, dass man 50% der auf die Nebenkläger entfallenden Entschädigung einstreichen darf. Bei Sparta, bzw. dessen Kunden verhält es sich ganz ähnlich und es wird spannend zu sehen sein, ob der Senat an dieser Stelle auf die von Sparta-Anwälten hervorgebrachten Argumente eingehen wird.
Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass die Nebenkläger auch vor dem OLG – der vermutlich letzten Instanz – leer ausgehen, darf das Drägerwerk trotz einer absehbaren Nachzahlung für die von Balaton und Sparta gehaltenen Genussscheine als Punktsieger gelten. Dies wäre zudem noch viel mehr der Fall, wenn das Gericht einen für Dräger freundlichen Zinssatz wählt, so wie das Gericht es durchblicken ließ.
Urteil für Ende April angekündigt
Ebenfalls als Gewinner darf aus Sicht des SH-Investors das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht zu Schleswig gelten. Nach einer Verfahrensdauer von rund acht Jahren vor dem Lübecker Landgericht, scheint das Urteil vor dem OLG nach noch nichteinmal einem Jahr zu ergehen.
Die Urteilsverkündung wurde für den 29. April angesetzt – wie schon im Vorjahr nur knapp vor der Dräger-Hauptversammlung. Sollten beide Seiten noch ein ernsthaftes Interesse an einem Vergleich haben – wovon nach dem gestrigen Tag wohl kaum auszugehen ist – müsste man sich hinsichtlich eines möglichen Vergleiches demnach ab sofort sputen.
Redaktioneller Hinweis: Der obige Artikel wurde nach dem Hinweis eines Lesers am 23.02.2020 in einigen Punkten erweitert und präzisiert.
Hinweis gemäß Artikel 20 MAR: Der Autor hält zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages Stammaktien der Drägerwerk AG § Co. KGaA (ISIN: DE0005550602). Er plant aktuell keinen Kauf oder Verkauf der genannten oder weiterer Wertpapiere des Drägerwerks.
Vielen Dank für die ausführliche Berichterstattung!
Sehr gerne, Herr Gemmeke! Grüße nach Niedersachsen!