+ Mehrheit für Kapitalerhöhung unsicher
+ Kaufpreis als zu hoch kritisiert
+ Vorschlag: Fusion statt Übernahme
Ende Februar platzte in der Schweiz die langerwartete Bombe: Die Sunrise Communications AG habe sich mit dem US-Medienunternehmen Liberty Global auf den Kauf des Schweizer Kabel-Anbieters UPC geeinigt, vermeldete Reuters. Damit würde man nun zum Marktführer in der Schweiz aufsteigen, verkündete die Sunrise fröhlich. Doch angesichts der Vertragsdetails kam unter den Sunrise-Aktionären schnell Unmut auf. Allen voran die Freenet AG gilt als größter Kritiker der UPC-Übernahme. Und das hat seine Gründe.
Mehrheit für Kapitalerhöhung ungewiss
So ist die Büdelsdorfer Freenet AG ist nach wie vor vom Sunrise-Vorhaben, die UPC übernehmen zu wollen, nicht begeistert. Dies bestätigte Freenet-CFO Ingo Arnold nun erneut im Gespräch mit Börse-Online. Er denke, es werde eine große Herausforderung für Sunrise, auf der kommenden außerordentlichen Hauptversammlung eine Mehrheit für die geplante 4,1 Mrd. Franken schwere Kapitalerhöhung zu organisieren. Diese Aussage fußt auf der Tatsache, dass die Freenet AG rund 25% der Sunrise hält und zuletzt angekündigt hatte, eine Kapitalerhöhung nicht unterstützen zu wollen. Doch genau diese Kapitalerhöhung wird nötig sein, um den 6,3 Mrd. Franken teuren Zukauf überhaupt finanzieren zu können.
Und auch sonst gibt es zunehmend Kritik am Deal. Ein Zusammengehen beider Unternehmen macht angesichts möglicher Synergien zwar Sinn, nicht wenige Marktteilnehmer befürchten jedoch auch, dass sich die deutlich kleinere Sunrise AG im Zuge der Übernahme verschlucken könnte. Denn während die Sunrise gerade mal knapp 3 Mrd. Euro Börsenwert aufweist, wolle sie nun ein Unternehmen für über 6 Mrd. Franken (rund 5,3 Mrd. Euro) übernehmen, so die Kritiker. Zudem würde die angestrebte Kapitalerhöhung die aktuellen Anteile bei Sunrise auf nahezu die Hälfte verwässern lassen.
Nackenschläge von Berenberg
Zuletzt hatte die Berenberg Bank ihre Einschätzung zur Freenet-Aktie gesenkt und dies explizit mit den Entwicklungen bei Sunrise begründet. So könnte es nach Meinung von Berenberg-Analyst Usman Ghazi für Freenet ab sofort deutlich schwerer werden, die Sunrise-Beteiligung noch zu versilbern, wie es Freenet-CEO Christoph Vilanek angekündigt hatte. Dass man genau dies jedoch nach wie vor immernoch möchte, bestätigte Freenet-CFO Ingo Arnold nun im Gespräch mit Börse-Online. Auf die Frage, ob man die Sunrise-Beteiligung als strategisches Investment sehe, verneinte er dies klar. Sunrise sei eine reine Finanzbeteiligung, so Arnold.
Doch zurück zur Analyse der Berenberg Bank. Diese geht nämlich noch weiter. Ghazi schreibt, dass die Freenet AG mit ihrem Aktienpaket der Sunrise noch dafür sorgen könnte, dass die geplante UPC-Übernahme scheitert oder neu ausgehandelt werden müsste. Als Schlag ins Gesicht für die Verhandlungsführer bei Sunrise ergänzt Ghazi zudem, beides sei gut für die Freenet AG. Dies schreibt Ghazi nicht nur vor dem Hintergrund des geplanten Beteiligungsverkaufs, sondern auch mit Blick auf den vielfach als zu hoch kritisierten Kaufpreis für UPC.
Hat sich Sunrise über den Tisch ziehen lassen?
In der Tat gaben sich einige Sunrise-Aktionäre angesichts der ausgehandelten Kaufbedingungen regelrecht geschockt. So hat der Aktienkurs der Sunrise AG seit Bekanntwerden der Übernahmepläne mächtig den Rückwärtsgang eingelegt. Während die Sunrise-Aktie im Herbst noch bei umgerechnet über 80 Euro notierte, ist das Papier inzwischen auf nur noch rund 65 Euro gesunken. Allein am Tag des Bekanntwerdens der Übernahme verlor die Sunrise-Aktie über 5 Euro. Davon hat sich der Kurs seither nicht mehr erholen können.
Zu hoch wird der Kaufpreis vor allem auch deshalb empfunden, weil Liberty Global zuvor explizit angekündigt hatte, man wolle UPC verkaufen. Berichten zufolge ist Liberty auf die Kauferlöse angewiesen, da einige Geschäftsfelder zuletzt in schwierigeres Fahrwasser geraten waren. Unter anderem hat der US-Konzern sich offenbar über seine Tochter Liberty Media mit der Übernahme der Formel 1 verzockt, wie man hört. Seit dem Kauf der Rennserie steckt diese in den roten Zahlen fest. Zudem hätten sich die Zuschauerzahlen nicht so entwickelt, wie erhofft, ist hier und dort zu lesen. Selbst über ein Comeback von Uralt-Zampano Bernie Ecclestone als Retter wurde zuletzt spekuliert. Doch selbst dieser hat unlängst abgewunken.
Insofern, meinen viele Kritiker des UPC-Deals, sei Liberty auf den Verkaufserlös bei UPC angewiesen, um seine hohe Verschuldung zu senken. Ihnen ist deshalb unverständlich, wie der US-Konzern aus einer solch schlechten Verhandlungsposition einen derart hohen Kaufpreis raushandeln konnte – Bieterschlacht mit der Swisscom hin oder her.
Hohe Verschuldung wird zum gordischen Knoten
Problematisch empfinden viele Aktionäre die Vertragsbedingungen für Sunrise nicht zuletzt auch deshalb, weil der Deal neben einer Barkomponente in Höhe von 2,7 Mrd. Franken an Liberty laut Reuters ebenso beinhaltet, dass Sunrise UPC-Schulden in Höhe von 3,6 Mrd. Franken übernehmen soll. Dabei sitzt die Sunrise bereits heute auf einem Schuldenberg in Höhe von 2,7 Mrd. Franken, sodass sich viele Beobachter Sorgen um den Verschuldungsgrad der Gesellschaft machen.
Ohne saftige Kapitalerhöhung dürfte die UPC-Übernahme jedenfalls kaum zu stemmen sein. Frisches Kapital benötigt Sunrise jedoch nicht zuletzt auch deshalb, weil man sich bei der 5G-Auktion in der Schweiz erst kürzlich zu nicht unerheblichen Ausbauzielen und damit zu hohen Kosten verpflichtet hat, welche die Liquidität des Unterenhmens stark belasten dürften.
Freenet: Lieber eine Fusion als eine Übernahme
Im Interview mit Börse-Online monierte Freenet-CFO Arnold zudem, dass er Liberty nicht ausreichend an den Risiken der Transaktion beteiligt sehe. Er favorisiere stattdessen eine Mergerstruktur bei der Übernahme, die dann faktisch zu einer Fusion werden würde. Bei einem Merger wird zumindest ein Teil des Kaufpreises in Form eigener Aktien bezahlt. Wird also eine Aktiengesellschaft übernommen, kommt es so zu einem Aktientausch, sodass die Übernahme in der Praxis zu einer (Teil-)Fusion wird.
Alles in Allem könnte es also nochmal eng für den UPC-Deal werden. Eine Mehrheit auf der Hauptversammlung zu bekommen scheint ohne den 25%-Teilhaber Freenet nur schwer vorstellbar. Offenbar auch deshalb bot Arnold im Börse-Online-Interview an, er sei zu Gesprächen mit Sunrise bereit, in denen ausgelotet werden könne, unter welchen Bedingungen auch Freenet den UPC-Kauf unterstützen könnte. Der von Arnold angesprochene Aktientausch könnte damit wahrscheinlicher werden.