Dräger und seine Genussscheine – Folge 4: Die Klage – Balaton vs. Dräger

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Das Drägerwerk sorgt mit seinen drei Genussschein-Serien immer wieder für Gesprächsstoff – nicht zuletzt deshalb, weil sich um diese Genussscheine der wohl größte laufende Gerichtsprozess aller SH-Unternehmen dreht. Der SH-Investor nimmt dies zum Anlass, um in einer neuen Serie ausführlich über die Dräger-Genussscheine zu berichten. Heute: Folge 4 – Die Klage – Balaton vs. Dräger!

Nachdem man die Genussschein-Inhaber 2010 „billig abgespeist“ hatte, so die viel-geäußerte Kritik, betrat 2011 schließlich ein neuer Akteur das Spielfeld. Dann nämlich veröffentlichte die Deutsche Balaton AG ein Kaufangebot für die Drägerwerk-Genussscheine in Höhe von 160 Euro pro Stück. Dieses Angebot wurde offenbar von einer relevanten Zahl an Genussschein-Inhabern angenommen, sodass die Deutsche Balaton seither über nicht wenige Genussscheine verfügte. Nach eigener Auskunft besaß man am Ende der ersten Übernahmefrist 18.753 Genussscheine der Serie A, 3.507 der Serie D und 5.484 der Serie K – immerhin rund 3,5 % aller ausstehenden Dräger-Genussscheine. Dies war der Auftakt zum Poker um die Dräger-Genussscheine.

Poker um die Genussscheine
Das Drägerwerk versuchte fortan nicht in den Würgegriff einer womöglich klagebereiten Aktiengesellschaft zu geraten und veröffentliche seinerseits das in Folge 3 dieser Serie beschriebene Rücknahmeangebot für Genussscheine über 210 Euro pro Wertpapier.

Doch auch die Deutsche Balaton AG legte ihrerseits nach und bot den Genussschein-Inhabern fortan die rechtliche Vertretung im Streit um die ihrer Meinung nach zu niedrige Barabfindung an. Laut Modalitäten dieser Rechte-Abtretung würde man den Inhabern die Hälfte des Betrages zahlen, den das Drägerwerk nach einem Gerichtsverfahren oder eventuellem Vergleich abzüglich der Gerichts- und Verfahrenskosten tatsächlich zahlt. Dieses neuerliche Angebot wurde unter den Genussschein-Inhabern teils kontrovers diskutiert. Von „attraktives Angebot“ bis hin zu „dreist und unverschämt“ waren so ziemlich alle Bewertungen dabei.

Die Kritiker des Angebots monierten vor allen Dingen, dass die Deutsche Balaton AG zuerst sämtliche Eigen- und Verfahrenskosten in Abzug bringen möchte, ehe der ausstehende Betrag schließlich auf die Genussschein-Inhaber verteilt werden soll.

Bis heute ist nicht bekannt, wie viele Genussschein-Inhaber das Angebot auf rechtliche Vertretung tatsächlich angenommen haben. Feststehen dürfte jedoch, dass die Deutsche Balaton AG seither über eine beträchtliche Anzahl an Dräger-Genussscheinen -im rechtlichen Sinne- verfügt. Auf der Hauptversammlung 2016 gab die Deutsche Balaton AG jedenfalls bekannt, über rund 87.000 Dräger-Genussscheine zu verfügen.

Beschluss der Hauptversammlung wird angefochten
Das waren offenbar genügend Scheine, sodass es sich für die Deutsche Balaton AG gelohnt hat, Klage einzureichen. Denn dieses Versprechen machte man im Hause der Heidelberger Beteiligungsgesellschaft 2013 umgehend wahr.

Hauptangriffspunkt der Klage ist vor allem das fehlende Bezugsrecht auf junge Genussscheine, bzw. in der Folge die daraus resuliterende (zu geringe?) Barabfindung für die Genussschein-Inhaber. Diese Barabfindung mag man bei Balaton offenbar nicht als „billiges Ermessen“ einstufen. Daher versucht man den Beschluss der Hauptversammlung vor Gericht nachträglich anzufechten.

Verfahren zieht sich hin
Offenbar ist man sich in Heidelberg also ziemlich sicher, dass Dräger mit seinem Vorgehen tatsächlich unrechtmäßig gehandelt hat, bzw. dass es – ob gerichtlich oder außergerichtlich – zumindest zu einem ordentlichen Nachschlag für die Genussschein-Inhaber kommen wird. Doch das Verfahren zeigt leider auch wiedereinmal, warum Privatanleger zu recht nur selten auf die Einhaltung ihrer Rechte klagen. Denn dieses Verfahren zieht sich nun bereits wie erwartet seit mehreren Jahren in die Länge.

Private und institutionelle Genussschein-Inhaber konnten sich der Klage bis 2015 durch das oben erläuterte Angebot der Deutsche Balaton AG durch Klageerweiterung anschließen. Wie man hört hat sich auch die Hamburger Beteiligungsgesellschaft Sparta AG mit Dräger-Genussscheinen eingedeckt. Es ist jedoch nicht bekannt, ob sich die Sparta AG der Klage durch Balaton angeschlossen hat. Der SH-Investor geht jedoch davon aus, immerhin sticheln Vertreter der Sparte AG seither alljährlich in ihren Reden auf den Dräger-Hauptversammlungen gegen den Vorstand und insbesondere Stefan Dräger.

Enttäuschender Verfahrensfortschritt
Der letzte bekannt gewordene Stand des Verfahrens ist, dass das Landgericht Lübeck ein Gutachten zur Rechtslage in Auftrag gegeben hatte. Dieses Gutachten liegt offenbar in der Zwischenzeit vor und beide Parteien haben nun die Gelegenheit ihrerseits zum Gutachten Stellung zu nehmen. Der Inhalt des Gutachtens ist leider bis heute noch nicht öffentlich geworden, sodass die Anleger sich nach wie vor gedulden müssen, ehe es in diesem Verfahren tatsächlich Neuigkeiten gibt.

Es ist damit zu rechnen, dass sich das Verfahren durch juristische Tricks noch einige Jahre hinziehen könnte. Auch ein „Aussitzen des Verfahrens durch das Landgericht“ wird mitunter von den Anlegern kritisiert. Die Deutsche Balaton AG behauptete auf der Dräger-Hauptversammlung 2016 jedenfalls schonmal, dass in den nächsten zwei Jahren ohnehin keine Kapitalerhöhungen durchführbar wären, sprich: Dass bis zum Jahr 2018 wohl noch kein Urteil gefällt werden dürfte. Da war die langsame Bearbeitungsintensität durch das Landgericht Lübeck jedoch noch nicht bekannt. Es dürfte also tendenziell eher noch länger dauern.

Hoffen und Bangen bei den Anlegern
In jedem Fall steht zu befürchten, dass die eigentlichen Gewinner des Verfahrens nicht zuletzt die Juristen sein werden. Da die Deutsche Balaton AG vor der Auszahlung von Beträgen an die Inhaber der Genussscheine die eigenen, sowie die Verfahrenskosten in Abzug bringen wird, mag so manchem Anleger mittlerweile die Freude an dem langen Verfahren vergangen sein. Für die Anleger bleibt nur noch zu hoffen, dass es nicht zu einer Niederlage vor Gericht kommt. Auch im Falle eines Vergleichs mit Dräger steht für die Anleger nicht nur Gutes zu befürchten. Durch die extreme Länge des Verfahrens würden weite Teile des Vergleich-Betrags vermutlich durch in Abzug zu bringende Anwaltskosten aufgefressen werden und die Anleger würden womöglich ebenfalls weitgehend in die Röhre schauen.

Was den Anlegern ebenfalls ein Stück Hoffnung genommen haben mag, ist die Tatsache, dass die Deutsche Balaton AG seit einigen Jahren in ihren Geschäftsberichten nicht mehr über dieses Verfahren berichtet und die Dräger-Genussscheine seit 2015 noch nichteinmal in der Vermögensaufstellung im Bilanz-Anhang erwähnt. Auch auf telefonische Anfrage erhalte man bei der Deutschen Balaton AG immerzu lediglich die Auskunft, dass es im Verfahren zwischenzeitlich keine Neuigkeiten gegeben hätte, so lauten mitunter die Meldungen der Genussschein-Inhaber.


Dräger und seine Genussscheine – alle Folgen
Folge 1: Die goldenen Zeiten der Genussscheine
Folge 2: Probleme mit den Genüssen
Folge 3: Genussscheine loswerden – für Fortgeschrittene
Folge 4: Die Klage – Balaton vs. Dräger
Folge 5: Offene Fragen & Antworten
Folge 6: Fazit und Ausblick

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