Freenet – Kommentar zum Ceconomy-Deal

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+ Sind 19% Paketzuschlag zu viel?
+ Ist Ceconomy wirklich unterbewertet?
+ Wie stark werden die liquiden Mittel belastet?

Ende der letzten Handelswoche gab es die Meldung, Freenet werde über eine Kapitalerhöhung rund 9,1% der Ceconomy AG („MediaSaturn“) erwerben. In der Zwischenzeit hat der Deal unter den Freenet-Anlegern wie erwartet ein großes Echo hervorgerufen. Während die Reaktionen der Börsianern zuerst tendenziell negativ waren, so scheint sich die Stimmung mittlerweile leicht ins Positive gedreht zu haben. Diesen Verlauf spiegelt auch der Aktienkurs von Freenet wider.

Der Autor dieses Beitrags hatte bereits in den vergangenen Tagen hier und dort zum Ceconomy-Deal Stellung bezogen. Diese Meinung möchten wir Ihnen, den treuen Lesern dieses Blogs, natürlich nicht vorenthalten. Daher setzen wir uns in diesem Beitrag mit einigen Argumenten für den Kauf der Ceconomy-Anteile auseinander und geben Ihnen dazu unsere Sicht der Dinge wieder. Wir haben uns an dieser Stelle einfach mal die 5 meist-genannten Argumente rausgesucht. Unser Autor wird diese dann anschließend näher beleuchten und bewerten.

Argument #1: Die Zahlung eines Aufschlags auf den Aktienkurs ist okay
Die genauen Spezifikationen des Kaufs möchte ich an dieser Stelle nicht nochmal wiederholen. Stattdessen verweise ich auf den SH-Investor-Bericht vom vergangenen Freitag. Ein großer Kritikpunkt am Deal war ja, dass Freenet einen Aufschlag in Höhe von 19% auf den letzten Börsenpreis der Ceconomy-Aktien bezahlt (8,50 Euro statt 7,14 Euro). Wenn man annimmt, dass die Ceconomy-Aktie derzeit unterbewertet ist – wovon offenbar einige Anleger ausgehen – dann kann der Kauf diesen Preis natürlich trotzdem sein Geld wert sein – nicht zuletzt auch angesichts der Positionsgröße – Stichwort: „Paketzuschlag“.

Ich bin jedoch der Ansicht, dass man nicht vergessen sollte, dass die gekauften Aktien ausschließlich aus einer Kapitalerhöhung stammen, die die Ausschüttungen und damit den Kurs künftig unweigerlich verwässern werden. Dafür finde ich einen Aufschlag auf den Börsenkurs von – Stand: letzten Freitag – 19% ehrlichgesagt zu teuer. Beachten Sie dazu der Vollständigkeit halber bitte auch das folgende 2. Argument!

Argument #2: Ceconomy ist am Markt derzeit unterbewertet
Aber nun gut, es gab in den letzten Tagen auch viele positive Wortmeldungen zum Einstieg bei Ceconomy. Unter anderem – so hieß es – sei die Ceconomy-Aktie derzeit deutlich unterbewertet und den Kaufpreis würde man „rasch durch die zu erwartenden Ausschüttungen wieder reinholen“. Dazu möchte ich jedoch zu bedenken geben, dass der schwache Aktienkurs bei Ceconomy ja nicht vom Himmel gefallen, sondern auch unter entsprechend negativen Unternehmensnachrichten und zudem an einem regulierten Markt zustande gekommen ist.

Aber selbst wenn man tatsächlich von einer spürbaren Unterbewertung Ceconomys ausgeht, bin ich der Ansicht, dass Freenet nicht allein deshalb bei einem Unternehmen einsteigen sollte, nur weil dieses derzeit unterbewertet ist. Freenet ist keine Investmentgesellschaft und sollte es auch nicht werden. Jedes Unternehmen sollte sich auf seine Stärken konzentrieren. Und Finanz-Investments sind sicher nicht die größte Stärke von Freenet.

Mit den aktuell immer zahlreicher werdenden Beteiligungen der Freenet AG wird so auch die Gewinnentwicklung immer stärker abhängig von der Entwicklung ihrer Beteiligungen – und damit auch von den Hochs und Tiefs an der Börse. Das kann bei einer Nicht-Investmentgesellschaft kaum ernsthaft gewollt sein – weder vom Vorstand, noch von den Anlegern.

Argument #3: Mit der Beteiligung wird die Partnerschaft mit Ceconomy gestärkt
Dann wurden in einigen Berichten außerdem noch mehrfach die Möglichkeiten einer (weitergehenden) Zusammenarbeit beider Unternehmen betont. Manchmal wirkte das auf mich ein wenig so, als sei gar nicht immer bekannt gewesen, wie weitgehend die Vertriebspartnerschaft bereits ohnehin schon ist – übrigens noch bis mindestens 2022.

So richtig starke Potenziale einer noch weiter vertieften Zusammenarbeit vermag sich mir – zumindest auf den ersten Blick – noch nicht zu offenbaren. Gut, vielleicht gibt es da einige bisher noch nicht vermarktete Produkte, Stichwort „Digital Lifestyle“. Aber sind diese Vorteile den Anlegern wirklich 277 Mio. Euro wert?

Und selbst wenn: Hätte dann nicht auch ein Anteil von – zumindest vorerst – etwas über 3% ausgereicht, den man über die Börse erwirbt?! Gut, dann hätte der durchschnittliche Kaufkurs vermutlich auch bei rund 8,50 Euro gelegen. Nur dann hätte der Einstieg eben auch nur rund 80 Mio. und keine 277 Mio. Euro gekostet.

Argument #4: Mit seiner ausgeweiteten Beteiligung stützt BlackRock den Deal
In der Tat veröffentlichte die amerikanische Vermögensverwaltung BlackRock Inc. am Donnerstag eine neue Stimmrechtsmitteilung bezüglich Freenet. Demnach sieht man sich fortan im Besitz von 4,60% (zuvor: 4,00%) aller Freenet-Aktien. Dieser Schritt wurde von einigen Anlegern als Bestätigung für den Deal von Seiten BlackRocks gewertet. Man darf dabei jedoch auch nicht übersehen, dass BlackRock im gleichen Zeitraum Optionen auf Freenet-Aktien von 1,01% auf nun nur noch 0,35% abgebaut hat. Offenbar hat mal also schlicht und ergreifend einige seiner Optionen in Wertpapiere umgewandelt und zudem noch weitere Optionen verkauft, sodass sich insgesamt nun sogar ein um 0,06% geringerer Anteil von Aktien plus Aktien-Optionen ergibt. Sofern man diese Bewegungen als Stellungnahme werten möchte, kann die Bewertung also allenfalls neutral, nicht jedoch als positiv gewertet werden.

Für die Prozentzahl der Aktien-Optionen zählen gemäß §38 Abs. 1, Nrn. 1 und 2 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) lediglich Call-Optionen. Verkaufsoptionen und ähnliches werden dort also nicht berücksichtigt. Daher gibt die Gesamtzahl aus Aktien + Aktien-Optionen die tatsächliche Investitionstiefe besser wieder als die Zahl der Aktien allein.

Überhaupt ist es äußerst fraglich, ob man die BlackRock-Transaktionen ernsthaft als Kaufs- oder Verkaufsindikator sehen kann. Seit Jahresbeginn 2018 hat BlackRock über 14 Stimmrechtsmitteilungen allein Freenet betreffend veröffentlicht. Mal ging es nach oben, mal nach unten. Das ständige Umschichten hat Tradition im Hause BlackRock. Insgesamt ging es seit Jahresbeginn mit der Freenet-Beteiligung sogar ein wenig nach unten.

Doch auch abgesehen davon, muss jeder Investor für sich entscheiden, ob es sich für ihn lohnt, die Bewegungen der „Großen“ nachzutraden. Wohl niemand an der Börse wird durch solche Aktionen reich geworden sein. Dafür gibt es jedoch umso mehr Anleger, die damit arm geworden sind. Gewinner solcher Handlungen sind häufig nur die Vorlagen- und Tippgeber, sprich BlackRock. Noch ehe sich das Investment für die deutschen Anleger rentiert hat, wird man in Amerika bereits wieder umgeschichtet haben.

Argument #5: Der Freenet-Vorstand verfolgt eine klare Strategie
Tja, das will ich zumindest schwer hoffen. Denn das Einzige, was mich an dem Deal immerhin einigermaßen positiv zu stimmen vermag ist die Tatsache, dass sich die handelnden Personen rund um Christoph Vilanek in der Vergangenheit absolut nicht als Nasenbohrer erwiesen haben. Im Sinne der Freenet-Aktionäre hoffe ich daher, dass diese Einschätzung auch künftig Bestand haben wird.

Wie eine tatsächliche Strategie mit Ceconomy aussehen könnte, steht derzeit noch in den Sternen. Hierzu wird man in der kommenden Zeit auf entsprechende Stellungnahmen seitens des Freenet-Vorstandes warten müssen. Konkrete Zukunftspläne sind aus heutiger Sicht noch nicht erkennbar.

Das Fazit
Zur Beruhigung der Lage muss zu aller Erst betont werden, dass der Freenet-Vorstand schon wissen wird, was er da tut. Das war zumindest in der Vergangenheit immer so. Wäre ich im Freenet-Vorstand gewesen, hätte es diesen Deal mit Ceconomy so wohl eher nicht gegeben. Insbesondere der Preis und der erworbene Anteil erscheint mir aktuell schlicht zu hoch.

Fakt ist: Die verwendeten 277 Mio. Euro werden die liquiden Mittel vorerst erheblich belasten. Gesetzt den Fall, dass die neue Beteiligung in der Gewinn- und Verlustrechnung  (GuV) vorerst zu keinen großen Veränderungen führt, muss daher festgehalten werden, dass ab sofort ein großer Teil des Umlaufvermögens als Anlagevermögen gebunden ist. Selbst wenn es bei Ceconomy zu den erhofften Kursgewinnen kommt, wird dies zwar über die GuV sichtbar werden, jedoch stehen diese Gewinne nicht auch in gleicher Höhe zur Dividendenausschüttung bereit.

Unabhängig von der künftigen Gewinn-Entwicklung ist damit das Risiko steigender oder sogar sinkender Dividenden mittelfristig signifikant angestiegen. Wer die Freenet-Aktie bisher als Dividenden-Titel geschätzt hat, sollte nun also vorsichtig sein, vor allem was den Cashflow der Gesellschaft angeht. Ich bleibe daher bei meiner Meinung, wonach ich den Deal unverändert kritisch betrachte.

Ihr
Matthias Nissen

Nachtrag vom 08.08.2018
An dieser Stelle noch eine Ergänzung, die zwar keine neuen Erkenntnisse bringt, jedoch ein peinliches Schlaglicht auf die aktuelle Situation rund um die Media- und Saturn-Märkte wirft:
In einer Architektur-Studie amerikanischer Studenten über Kiels Innenstadt im Jahre 2050 ist auf einer Animation zu sehen, wie der Saturn-Markt in Zukunft schlicht nicht mehr vorhanden ist. Soweit, so peinlich.
In einer Bildunterschrift der Kieler Nachrichten heißt es dazu dann auch noch: „Das ‚Leik‘ und das ‚Nordlicht‘ [jenes Kaufhaus, in dem Saturn in Kiel beheimatet ist] sind verschwunden, da sich die Kaufhäuser nicht mehr rentieren.“ Das sind ja wahrlich keine prächtigen Aussichten für die neue Freenet-Beteiligung, zumindest wenn es nach den beteiligten Architekten geht. Die Freenet-Aktionäre müssen also hoffen, dass sie nicht recht behalten werden.
Der Text zur obigen Bildunterschrift entstammt übrigens der Printversion der Kieler Nachrichten. Der Text in der unten verlinkten Online-Version des Berichts liest sich leider kaum besser: „[…]Nordlicht-Geschäftshaus sind dann längst abgerissen, weil sie sich nicht mehr rentierten.“


Weiterführende Links
Kommentar(e) von Freenet-Aktionär Güner Soysal – Real-Financial-Dynamics
Blogbeitrag von Freenet-Aktionär Güner Soysal – Real Financial Dynamics
US-Architekturstudie – Kieler Nachrichten
Unser Bericht zum Übernahme-Deal vom 29.06.2018 – Der SH-Investor

Erste BlackRock-Stimmrechtsmitteilung 2018
Letzte BlackRock-Stimmrechtsmitteilung vor dem Ceconomy-Deal
Erste BlackRock-Stimmrechtsmitteilung nach dem Ceconomy-Deal


Hinweise auf mögliche Interessenskonflikte
Gemäß Artikel 20 EU-MAR geben wir bekannt, dass der Autor des Beitrags zum Zeitpunkt der Veröffentlichung über Wertpapiere der Freenet AG verfügt. Der Autor beabsichtigt derzeit nicht, innerhalb der nächsten Tage nach Veröffentlichung dieses Beitrags Wertpapiertransaktionen bezüglich der Freenet AG zu tätigen.

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