+ Netzagentur künftig als Schiedsrichter für Serviceprovider
+ Deutliche Erleichterungen für Neueinsteiger im Netzbetrieb
+ Wirkkraft der Regelungen hängt auch von Netzagentur ab
Die Bundesnetzagentur hat sich auf einen Entwurf für die Regeln der 5G-Frequenzvergabe festgelegt. Dieser sieht im Vergleich zu vorherigen Vorschlägen zum einen eine neue Klausel für Serviceprovider und zum anderen Erleichterungen für Neueinsteiger im Netzbetrieb vor. Beides könnte Freenet durchaus in die Karten spielen.
Aufatmen für Serviceprovider?
Im nun veröffentlichten Entwurf der Vergaberegeln heißt es bezüglich der Serviceprovider, dass die Bundesnetzagentur hier künftig als Schiedsrichter bei Verhandlungen mit den Netzbetreibern agieren kann. Die Bundesbehörde behält sich damit ausdrücklich vor, regulierend in die Verhandlungen zwischen Netzbetreibern und Anbietern ohne eigenem Netz, den sogenannten Serviceprovidern, einzutreten. So soll laut Entwurf sichergestellt werden, dass „Anbieter ohne eigene Infrastruktur nicht diskriminiert werden“, so wörtlich.
In der Klausel ist jedoch lediglich von Situationen die Rede, in denen die Netzbetreiber keine ernsthaften Verhandlungen mit den Konkurrenten führen würden. Eine Dienstanbieterverpflichtung als solche ist im Entwurf jedoch ebenso wenig enthalten wie genauere Definitionen von „ernsthaften Verhandlungen“ oder „Diskriminierungen“ von anderen Anbietern. Insofern muss nach dem Entwurf derzeit offenbleiben wie restriktiv diese Regelungen tatsächlich sein werden. Wahrscheinlich wird die Tragweite dieser Klauseln letztlich erst in der laufenden Verwaltungspraxis deutlich.
Sollte die Bundesnetzagentur jedoch Diskriminierungen von Serviceprovidern feststellen, so soll sie unter anderem Bußgelder gegen den Störer verhängen können. In der Vergangenheit hat sich die Netzagentur jedoch nicht selten sehr freigiebig gegenüber Mono-, bzw. Oligopolisten gezeigt, was mitunter zu Kritik der Verbraucherverbände führte.
Erleichterungen für Neueinsteiger
Einen weiteren wichtigen Punkt für Freenet gibt es in Bezug auf einen möglichen Einstieg als Netzbetreiber. Immer wieder gibt es Gerüchte über eine Zusammenarbeit mit 1&1-Drillisch. Zusammen könne man ein eigenes Netz aufbauen und würde so unabhängig von den drei großen Anbietern Telekom, Vodafone und Telefonica, heißt es mitunter auf dem Börsenparkett.
Doch immer wieder gab es auch Zweifel am Sinn daran, ein eigenes Netz aufzubauen. So seien die Einstiegshürden in den bisherigen 5G-Vergabevorschlägen viel zu hoch gewesen, die Investitionen seihen zu teuer und ohne Nationales Roaming auch nicht attraktiv. Doch immerhin in Bezug auf die ersten beiden Punkte gibt es nun Erleichterung für eventuelle Newcomer im Netzbetrieb.
So werden Neulinge lediglich dazu verpflichtet bis zum Ende des Jahres 2022 über 1.000 5G-Sendemasten zu errichten. Diese Zahl gilt zwar auch für die bisherigen Netzbetreiber, sie müssen jedoch zusätzlich mindestens 500 davon in die unwirtschaftlichen ländlichen Räume, die sogenannten „Weißen Flecken“, stellen. Besonders große Erleichterungen für Neueinsteiger gibt es hingegen beim Anteil der zu versorgenden Haushalte. Bis Ende 2022 müssen bisherige Netzbetreiber 98% der Haushalte mit mindestens 100 mbit/s versorgen. Für Neueinsteiger liegt diese Zahl bis Ende 2023 bei lediglich 25%, bis Ende 2025 bei 50%.
Sinn der Neuregelung fragwürdig
Der Teufel steckt hierbei jedoch im Detail: So würde für eine Versorgung mit 100 mbit/s auch ein 4G-Netz ausreichen. Dazu bedürfte es schlicht keines 5G-Netzes. Das bedeutet, dass die meisten Netzbetreiber bereits mit einem mindergroßen Ausbau des 4G-Netzes ihre Versorgungsauflagen erfüllen könnten. Neueinsteiger wie Freenet, die sich hingegen nicht auf ein 4G-Netz im Hintergrund verlassen können, müssten ihre Versorgungsauflagen komplett via 5G-Masten erfüllen.
Da diese jedoch nur eine sehr geringe Reichweite haben, ist es nach Verständnis des SH-Investors aktuell kaum vorstellbar, dass sich ohne Unterstützung durch ein 4G-Netz ein flächendeckendes 5G-Netz wirtschaftlich betreiben lässt. Insofern könnten sich die Erleichterungen für Neueinsteiger im Netzbetrieb letztlich als Luftnummer erweisen. Dass ein Einstieg in den Netzbetrieb allein dadurch attraktiv wird darf aktuell durchaus bezweifelt werden. An Attraktivität könnte ein Einstieg im Netzbetrieb erst dann gewinnen, wenn Freenet gleichzeitig dauerhaft an eine 4G-Lizenz kommen würde.
Neuer Entwurf als Reaktion auf viel Kritik
Mit dem neuen Entwurf reagiert die Bundesnetzagentur offenbar auf die vielfach geäußerte Kritik an den bisher angedachten Regelungen. Insbesondere Politiker aus den länglichen Räumen hatten empört auf die bisherigen Vorschläge reagiert. Nach ihren Meinungen hätten diese weiterhin zahlreiche Funklöcher auf die Land bedeutet. Und auch Freenet&co. waren in den letzten Wochen durchaus politisch aktiv. Gemeinhin galt es als nahezu ausgeschlossen, dass die Politik die Serviceprovider im Stich und womöglich pleite gehen lassen würde. Viele tausend Arbeitsplätze hängen aktuell am Geschäftsmodell der Diensteanbieterverpflichtung.
Der neue Entwurf scheint nun eine Kompromisslösung zwischen den bisherigen Netzbetreibern und den Serviceprovidern zu sein. Dass alle Beteiligten mit den neuen Punkten zufrieden sind, darf stark bezweifelt werden. In der Praxis wird nicht zuletzt die auch Bundesnetzagentur mit ihrem Verwaltungshandeln die Schärfe ihrer eigenen Schwerter bestimmen.
Quellen:
– Entwurf der Vergabe-Regeln
– Pressemitteilung der Bundesnetzagentur
– Bericht von Spiegel-Online
– Bericht auf Tagesschau.de
– Bericht auf ariva.de