SLM Solutions „beschenkt“ Aktionäre mit Gewinnwarnung

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+ Umsatz- und Ebitda-Ziele erneut massiv gekappt
+ Unternehmensführung verliert weiter an Glaubwürdigkeit
+ Weitere Risiken für den Aktienkurs

Noch im November hatte SLM Solutions seine Jahresprognose gekappt und die Erwartungen damit deutlich zurückgeschraubt. Statt bei ursprünglich 125 Mio. sollte der Umsatz bei nur noch 90 – 100 Mio. Euro liegen. Die Ebitda-Marge sollte nicht mehr bei 11 – 13% liegen, sondern nur noch im einstellig positiven Bereich. Doch nicht wenige am Finanzmarkt waren schon damals der Ansicht, dass auch die neuen Zahlen in der verbleibenden Zeit kaum noch erreichbar sind. Nun zückt das Unternehmen eine neuerliche Umsatz- und Gewinnwarnung.

Weniger Umsatz, dafür mehr Verlust
So werden die letzten Prognosen nochmals deutlich gekappt. Beim Umsatz soll nun gegenüber dem Vorjahr ein Minus im zweistelligen Prozentbereich stehen. Letztes Jahr betrug der Umsatz noch 82,5 Mio. Euro. Auch das Ebitda-Ziel wurde exorbitant eingekürzt. Nun soll es eine Ebitda-Marge im zweistellig negativen Bereich geben. Mit den ursprünglichen Prognosen zu Jahresbeginn haben die neuen Ziele damit nur noch denkbar wenig gemeinsam. Selten lag eine Unternehmensführung in der Selbsteinschätzung so weit daneben wie SLM Solutions in diesem Jahr. Wir haben sämtliche Jahresziele für Sie einmal aufgelistet:

Jahresziele Ur-Prognose 1. Korrektur 2. Korrektur 3. Korrektur Korrektur in %
Zeitpunkt März August November Dezember
Umsatz 125 Mio. 115 – 125 Mio. 90 – 100 Mio. zweistelliger %-Wert unter Vorjahr ca. -44%*
Ebitda-Marge 12 – 13% 11 – 13% einstellig positiv zweistellig negativ unendlich

*) kalkuliert bei einem Umsatz-Minus von 15%. Daraus ergibt sich ein neues Jahresumsatzziel in Höhe von rund 70 Mio. Euro. Nach den ersten neun Monaten 2018 hatte SLM Solutions 48,3 Mio. Euro Umsatz erzielt. Selbst 70 Mio. Euro Umsatz könnten somit bereits ambitioniert sein.

Unternehmenskommunikation in der Krise
Womöglich sind die neuen Zahlen die erste wirklich ehrliche Mitteilung an die Aktionäre in diesem Jahr. Überhaupt haben nicht wenige bei SLM Solutions bei nahezu jeder Pressemitteilung das Gefühl, es handele sich eher um ein PR-Theater als um eine ehrliche Information an die (Mit-)Eigentümer. Damit ist die Investor Relations-Abteilung bei SLM Solutions in eine Glaubwürdigkeitsfalle getappt, aus der sie sich nur sehr langsam wieder erholen kann. Diese Tatsache wird dem Aktienkurs des Unternehmens womöglich noch über Jahre teuer zu stehen kommen.

Womöglich interessanter Grund für die Umsatzwarnung
Sehr interessant in Bezug auf die Umsatzkorrektur ist eine Passage in der Pressemitteilung. Dort heißt es bezüglich des Jahresumsatzziels von 90 – 100 Mio. Euro, „müsste die Gesellschaft erhebliche Zugeständnisse bei verschiedenen Vertragsparametern gewähren, um das vorstehend genannte Umsatzziel noch zu erreichen.“ Dies liest sich, als hätten auch die potenziellen Kunden von SLM Solutions verstanden, dass die zuletzt ausgegebenen Jahresziele viel zu hoch gegriffen waren und das Unternehmen damit nach dem Friss-oder-Stirb-Prinzip unter Druck gesetzt haben, um günstigere Preise zu erzielen. Hierauf einzugehen war für die Unternehmensführung allerdings offenbar keine Lösung, denn dies wäre „dem langfristigen Unternehmensinteresse abträglich“ und entspräche „aus Sicht des Vorstands keiner nachhaltigen Unternehmensstrategie“, heißt es in der Mitteilung.

Ein weiterer Grund für den sinkenden Umsatz sei zudem der weiterhin verzögerte Abruf von Maschinen aus den 2017 geschlossenen Rahmenverträgen mit Kunden. Worauf diese weiteren Verzögerungen beruhen, mit denen sich die Aktionäre nun bereits seit langem herumärgern müssen, lässt die Mitteilung jedoch im Dunkeln.

„Geschäftschancen“ erneut auf Rekordniveau
Und noch ein brisanter Punkt, den einige Aktionäre womöglich als erneute Provokation empfinden werden, findet sich in einer weiteren Unternehmensmitteilung. Darin heißt es, dass sich die ominösen „Geschäftschancen“, über die wir bereits in Bezug auf die Q3-Zahlen berichtet haben, auf einem erneuten Rekordniveau befänden. Lagen diese Chancen vor der formnext-Messe noch bei 422 Mio. Euro, so sei dieser Betrag auf nunmehr 630 Mio. Euro angestiegen.

Wie bereits früher berichtet, müssen diese Zahlen jedoch stark hinterfragt werden. Während die sogenannten Geschäftschancen (hinter denen sich potenziell-anbahnende Geschäfte verbergen) von Rekord zu Rekord eilen, sinken die Umsätze momentan in einem besorgniserregenden Ausmaß. Wenn man wie oben von einem Umsatz in Höhe von 70 Mio. Euro in diesem Jahr ausgeht, dann reicht allein die Abarbeitung der aktuellen „Geschäftschancen“ aus, um auf aktuellem Niveau noch 9 Jahre lang Arbeit zu haben. Ob das noch eine wirklich seriöse Kennziffer ist, darf jeder Leser für sich selbst bewerten.

Überhaupt muss man sich mittlerweile fragen, wie man im Hause SLM Solutions diese Geschäftschancen berechnet. Mit einem Anstieg um über 200 Mio. Euro allein während der formnext-Woche drängt sich der Verdacht auf, man hätte jeden Besucher am Messestand schlicht mit 1 Mio. Euro potenziellem Umsatz bewertet. Mit der tatsächlichen Geschäftsentwicklung scheinen diese „Geschäftschancen“ jedenfalls nicht viel zu tun zu haben, da sich offenbar viele potenzielle Kunden letztlich entscheiden, doch keinen 3D-Drucker zu kaufen oder schlicht bei der Konkurrenz zugreifen. Überhaupt handelt es sich bei den Geschäftschancen um kein werthaltiges Asset im buchhalterischen Sinne. Sie dürfen daher keinen Eingang in die Bilanz finden.

Gewinnwarnung wurde erwartet – Aktie bricht dennoch ein
Die neuerliche Gewinnwarnung war von vielen Analysten erwartet worden. Auch der SH-Investor hatte dementsprechend berichtet. Nichtsdestotrotz wurden viele Aktionäre offenbar dennoch auf dem falschen Fuß erwischt. Der Aktienkurs sank am Freitag nach der Bekanntgabe zeitweise um mehr als 10%. Letztlich stand ein Minus von gut 6% zubuche. Die Aktie notiert damit nun bei exakt 10,- Euro. In diesem Jahr hat die Aktie bereits 78,7% ihres Wertes eingebüßt.

Weitere Kursrisiken
Der SH-Investor möchte an dieser Stelle auch nicht verschweigen, dass womöglich noch weiteres Abwärtspotenzial von der Seite der Fonds droht. Fondmanager stellen verlustreiche Positionen kurz vor dem Jahreswechsel erfahrungsgemäß gerne glatt, um „saubere Bücher“ zu bekommen. Sie sorgen so mitunter nochmals für einen Abwärtsschwung bei all jenen Aktien, die auf Jahressicht ohnehin bereits im Minus sind.

Ebenfalls sollten Aktionäre nun jederzeit die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung einplanen. Der Vorstand hatte eine solche Kapitalmaßnahme auf der Hauptversammlung vom Jahresergebnis abhängig gemacht. Da das Jahresergebnis 2018 offenbar viel schlechter ausfällt, als ursprünglich vom Vorstand eingeschätzt, dürfte eine Kapitalerhöhung für 2019 bereits gebucht sein. Der Aktienkurs könnte dadurch nochmals unter Druck geraten.


Quellen:
– DGAP-Meldung I
– DGAP-Meldung II
– Bericht der ARD-Börse

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