SLM Solutions im freien Fall – Die zehn Gründe für den Absturz

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+ SLM-Aktie verliert 50% seit Jahresbeginn
Anleihe notiert unter 100%
+ Zehn Gründe für den Kurssturz

Kurz nach Jahresbeginn erreichte die SLM Solutions-Aktie am 05. Januar 2018 mit 48,80 Euro ihr vorläufiges Allzeithoch. Doch die schwachen Geschäftszahlen für 2017 sorgten rasch für ein jähes Ende aller positiven Kursfantasien. Auch die Veröffentlichung der Zahlen für das enttäuschende erste Quartal machte es nicht besser.

Die Aktie fiel und fiel, oder besser gesagt: fällt und fällt. Denn der Abwärtstrend scheint sich in den letzten Wochen – trotz fehlender Nachrichten – sogar noch weiter beschleunigt zu haben. Heute notiert die Aktie bei lediglich noch 24,- Euro und damit auf dem vorläufigen Tiefpunkt dieses Trends. Damit verlor die Aktie seit Jahresbeginn mehr als die Hälfte ihres Wertes. Das Allzeittief in Höhe von 14 Euro aus dem Jahr 2015 ist zwar noch ein bisschen entfernt, doch derzeit scheint es in immer greifbarere Nähe zu kommen.

Schwierige Prognosen
Für den starken Abwärtstrend werden jedoch nicht nur die schwachen Geschäftszahlen gesorgt haben. Dazu gesellen sich noch zahlreiche weitere Aspekte, die die Anleger nicht gerade in Jubelstimmung versetzen werden.
So stellten sich auch die Prognosen des Unternehmens in der Vergangenheit nicht immer als zuverlässig heraus. Dies mag angesichts des schwer einzuschätzenden Geschäftsfeldes durchaus verständlich sein. Schließlich kann ein neuer Großkunde oder eine ausbleibende Bestellung bereits große Lücken in die Prognosen reißen. Doch das Vertrauen der Investoren gewinnt man so eben auch nicht. Und so verpuffen die prognostizierten, positiven Aussichten für den Rest des Geschäftsjahres.

Fehlender positiver Newsflow
Zu den Gründen für den Kurssturz gehört nicht zuletzt auch ein fehlender positiver Nachrichtenfluss aus dem Unternehmen, wie das Börsen-Magazin „Der Aktionär“ zuletzt monierte.
Während man in der Vergangenheit jeden neuen Auftrag, jede neue Rahmenvereinbarung und jede Absichtserklärung von Kunden, wie auch nur potenzieller Kunden in Lübeck fast schon frenetisch feierte und dies auch mit entsprechenden Pressemitteilungen unterfütterte, blieb es zuletzt bei SLM Solutions erstaunlich still. Nicht wenige Anleger dürften daher befürchten, dass es derzeit schlicht keine neuen großen Abnehmer mehr gibt, die noch SLM-Geräte ordern. Dies wirft natürlich kein gutes Licht auf die Unternehmenszukunft und lässt den Aktienkurs weiter fallen.

Mögliche Kapitalerhöhung
Weitere Gründe für den Abwärtstrend könnten auch die Sorgen über womöglich anstehende Kapitalerhöhungen und anderer Kapitalmaßnahmen sein. Jeder weiß, dass SLM Solutions für sein künftiges Wachstum weiteres Kapital benötigt. Wie der Vorstand auf der Hauptversammlung andeutete, wird über die Durchführung einer möglichen Kapitalerhöhung vor allem anhand des Jahresergebnisses für 2018 entschieden werden.
Die oben genannten Faktoren (fehlende positive Nachrichten) dürften eine tatsächliche Kapitalerhöhung damit deutlich wahrscheinlicher werden lassen. Dies dürfte ein weiterer Grund für den Kursabsturz in der letzten Zeit sein. Welcher Anleger wird sich seinen Anteil schon gerne verwässern lassen?! Überhaupt scheint die Hoffnung bei SLM Solutions auf Gewinne in naher Zeit aktuell schwächer zu werden. Wenn diese Hoffnung auch noch zunehmend verwässert wird, dann ist das natürlich Gift für den Aktienkurs.

Finanzierung am Kapitalmarkt erschwert
An und für sich könnte dem Unternehmen sein Aktienkurs völlig egal sein, hätte man sich nicht gerade erst auf der Hauptversammlung eine Mega-Kapitalerhöhung in Höhe von 50% des Grundkapitals genehmigen lassen. Dazu kommen weitere mögliche Kapitalerhöhungen via Wandelanleihen. Doch genau da liegt der Finger in der Wunde!
Mit dem schwachen Aktienkurs könnte eine weitere Finanzierung am Kapitalmarkt zunehmend schwieriger werden. Sowohl die Zeichnung einer möglichen Kapitalerhöhung, als auch einer Wandelanleihe wird mit der mageren Aktienkursentwicklung zunehmen unattraktiv für Investoren und dürfte daher kaum noch das einstmals erhoffte Kapital einspielen.

Kurs der SLM-Anleihe sinkt unter 100%
Und so wird die weitere Unternehmensfinanzierung zunehmend herausfordernder. Das scheinen auch die Anleger so zu sehen. Sie stoßen die bereits ausgegebene Wandelanleihe derzeit zunehmend ab und haben ihren Kurs nun unter die 100%-Schwelle sinken lassen. Mit derzeit nur noch 98,28% notiert die Anleihe damit auf einem Allzeittief. Der höchste Kurs stammt mit 111,6% ebenfalls aus dem Januar dieses Jahres.

Anleihe-Kurs als Bonitätsindikator
Anders als ein Aktienkurs wird der Kurs einer Anleihe von nicht wenigen Marktteilnehmern immer auch als eine Art Indikator für die Bonität eines Unternehmens gesehen. Sinkt ein solcher Kurs unter die 100%-Schwelle rechnet die Mehrheit der Marktteilnehmer offenbar nicht mehr damit, den vollen Nennwert der Anleihe zurückzubekommen, bzw. zumindest nicht mehr unter den ehemals vorgesehenen Konditionen.
Ein solcher Kurs von weniger als 100% hat daher häufig weitere negative Folgen für ein Unternehmen. So steigen nicht nur die Kosten für börslich aufgenommenes Kapital, sondern auch für Kapital, welches nicht über die Börse eingesammelt wird. Auch die Banken schauen auf derartige Kurse und werden sich anhand dessen ein Bild über die Bonität und damit über das Risiko eines Kunden machen. Mehr Risiko heißt aus Unternehmenssicht leider eben häufig auch: mehr Zinsen.

Short-Seller sehen keinen Grund, ihre Positionen zu schließen
Durch den großen Ausverkauf der letzten Tage, Wochen und Monate werden wohl auch die Short-Seller kaum einen Grund sehen, sich mit SLM-Papieren einzudecken und so ihre Netto-Leerverkaufspositionen zu schließen. Nicht selten sorgt eine zunehmende Anzahl von Short-Spekulanten dafür, dass die Kurse steigen, anstelle – wie von ihnen „gewettet“ – zu fallen. Dies resultiert daraus, dass die „Shorties“ ihre leerverkauften Aktien früher oder später wieder zurückkaufen müssen. Dies sorgt für die Zukunft daher nicht selten für ansteigende Kurse.
Doch angesichts des derzeitigen starken Abwärtstrends dürfte wohl kaum ein Short-Seller ernsthaft in Betracht ziehen, seine Positionen zu schließen. Denn auch bei den Shorties wird die Börsenweisheit, Gewinne laufen zu lassen, angekommen sein. Somit fällt auch diese Hoffnung auf steigende Kurse derzeit eher flach.

Abstieg aus dem TecDAX steht bevor
Doch auch an einer anderen Front sieht es für SLM Solutions derzeit nicht viel besser aus. Wie von uns berichtet, plant die Deutsche Börse, ihren TecDAX neu aufzustellen. Die neuen Regelungen dürften nahezu unweigerlich dazu führen, dass SLM Solutions den TecDAX verlassen muss. Dass der Abstieg aufgrund des Kursverfalls nun womöglich auch ohne die neuen Regelungen ohnehin erfolgt wäre, dürfte für die Anleger nur ein schwacher Trost sein.
Doch es könnte sogar noch dicker kommen: Durch den hohen Verlust an Marktkapitalisierung des Streubesitzes könnte es womöglich auch mit einer künftigen SDAX-Notierung eng werden. Zwar wird der SDAX im Zuge der neuen Regelungen von derzeit 50 auf künftig 70 Mitglieder aufgestockt. Doch die Gefahr, dass das größte Nicht-Tech-Unternehmen, welches derzeit in keinem Index notiert ist, größer ist das kleinste derzeitige TecDAX-Unternehmen – nämlich SLM Solutions – ist durchaus gegeben. Und so kann aktuell nicht sicher von einer künftigen Index-Notierung für SLM Solutions ausgegangen werden.
Zwar treten die neuen Regelungen erst ab dem 24. September in Kraft, doch erfahrungsgemäß positionieren sich die großen Anleger bereits viele Wochen im Voraus entsprechend, um die anstehenden Veränderungen zu antizipieren.

Q2-Zahlen als nächster Fixpunkt
Nächste Woche am Donnerstag wird ein erneuter Tag der Wahrheit für SLM Solutions sein. Dann präsentiert das Unternehmen seine Geschäftszahlen für das zweite Quartal 2018. Ist das Bild dann tatsächlich so schlecht, wie derzeit von einigen Anlegern vermutet, dann könnten die Kurse nochmals ordentlich ins Rutschen kommen.
Andererseits gibt es auch nicht wenige Marktteilnehmer, welche die Kursabzüge der letzten Tage und Wochen für deutlich übertrieben halten. Das mag durchaus stimmen, immerhin gab es keine negativen Nachrichten aus Lübeck zu vermelden. Doch man sollte nicht vergessen: An der Börse wird die Zukunft gehandelt. Und auch ausbleibende Nachrichten können bereits einen Blick auf die Zukunft geben. Sollte SLM Solutions nicht bald vom Fleck kommen, sieht es ganz schnell nicht mehr so rosig aus, wie noch zu Jahresbeginn.

Gescheiterte GE-Übernahme als strategischer Fehler
In jedem Fall wird aktuell zunehmend deutlich, dass es wohl nicht die schlechteste Entscheidung gewesen wäre, seinen ehemaligen Großkunden General Electric als Anteilseigner ins Unternehmen zu lassen. Doch die Blockade von Elliott International, der Fondgesellschaft gegründet von Paul Singer, sorgte entgegen der Empfehlungen der Unternehmens-Verwaltung für ein Scheitern der Übernahme – und damit auch für den Verlust von SLM Solutions größten Kunden.
Heute ist General Electric über die ConceptLaser GmbH zu einem Konkurrenten von SLM geworden. Auf der Hauptversammlung im Juni gab der Vorstand bekannt, es habe kurzzeitig sogar für SLM unschlagbare Kampfpreise seitens ConceptLaser gegeben. Diese Fehlleistung dürfte das Lübecker Unternehmen daher wohl noch über viele Jahre belasten.


Die zehn Gründe für den Kursverfall im Überblick
#1 Schwache Geschäftszahlen nehmen positive Fantasien
#2 Schwierige Prognosen nähren Zweifel am Ausblick
#3 Fehlender positiver Nachrichtenfluss lässt negative Fantasien wachsen
#4 Angst vor Verwässerung durch mögliche Kapitalerhöhung
#5 Finanzierung am Kapitalmarkt wird mit sinkendem Kurs zunehmend schwer
#6 Anleihe-Kurs unter 100% könnte schlafende Hunde in Sachen Bonität wecken
#7 Fremdkapitalzinsen könnten allgemein wie auch für SLM künftig steigen
#8 Short-Seller sehen sich mit dem Kurssturz bestätigt
#9 Verlust der TecDAX-Notierung steht kurz bevor
#10 General Electric tritt zunehmend als Konkurrent via ConceptLaser auf

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