5G-Vergabe gerät zunehmend zum Vabanquespiel

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+ Mindestens 9 Klagen gegen Bundesnetzagentur eingereicht
+ Rechtliche Unsicherheiten problematisch
+ Zeitplan zur Vergabe kaum noch zu halten

Nachdem die endgültigen Versteigerungsbedingungen zur Vergabe der 5G-Lizenzen im November finalisiert und veröffentlicht worden waren, schien die Kuh vorerst vom Eis zu sein. Doch bereits damals waren mehrere Klagen gegen die vorgesehenen Lizenzbedingungen erwartet worden. Inzwischen steht fest, dass es gar derart viele Klagen gegen die Bundesnetzagentur und ihre Vergabebedingungen gibt, dass eine reguläre Versteigerung in weite Ferne gerückt zu sein scheint.

Klageflut bricht über Bundesnetzagentur herein
So wagten sich als erste Anbieter die spanische Telefonica (Marke: O2), sowie Vodafone aus der Deckung und erklärten öffentlich, sie hätten Ende Dezember Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen die Bundesnetzagentur eingereicht. Am 02. Januar gingen schließlich auch die Deutsche Telekom und United Internet (1&1 Drillisch) an die Öffentlichkeit und gaben ihre Klage bekannt. Unbestätigten Meldungen zufolge hat auch die schleswig-holsteinische Freenet AG gegen die Vergabebedingungen geklagt.

Damit haben mittlerweile sämtliche Mitbewerber, bei denen erwartet worden war, dass sie um die 5G-Lizenzen mitbieten würden, bzw. dies eventuell tun könnten, geklagt. Insgesamt sollen es nach Angaben des Verwaltungsgerichtes Köln inzwischen mindestens neun Klagen sein. Alle seien zeitgleich am 21. Dezember zugegangen, bestätigte ein Gerichtssprecher.

Unklar ist derzeit, ob und wenn ja, wie viele Klagen womöglich noch abseits der Mobilfunkanbieter zusätzlich von Industriekonzernen vorliegen. Von eben jenen hatten ebenfalls einige angekündigt, sich unter entsprechend günstigen Bedingungen an der 5G-Vergabe beteiligen zu wollen. Hier wird hinter vorgehaltener Hand unter anderem der DAX-Konzern Siemens SE immer wieder als heißer Kandidat gehandelt. Auch einigen Autokonzernen traut man im Rahmen der Entwicklung zum autonomen Fahren ebenfalls ein Mitbieten um 5G generell zu.

Stellungnahmen der einzelnen Mobilfunkanbieter
So einheitlich, wie der Trend zur Klage derzeit ist, so unterschiedlich scheinen jedoch auch die Beweggründe der einzelnen Unternehmen hierfür zu sein. Den meisten klagenden Unternehmen geht es jedoch offenbar vor allem darum, bestehende Rechtsunsicherheiten aus der Welt zu schaffen, ehe die Versteigerung beginnt. Eine Kurzzusammenfassung der einzelnen Stellungnahmen der großen Anbieter haben wir hier für Sie aufbereitet:

Deutsche Telekom: „Vorgesehene Auflagen sind unrealistisch, schaffen Rechtsunsicherheiten und bilden Investitionshemmnisse.“

Vodafone: Man habe „rechtliche Bedenken gegen verschiedene Bedingungen“. Zu Details gebe es jedoch aufgrund des laufenden Verfahrens keine Stellungnahme.

Telefonica (O2): „Vergabebedingungen enthalten rechtliche Unklarheiten und Investitionshemmnisse“, heißt es insbesondere im Hinblick bezüglich der Auflagen zur Flächenversorgungen und zur möglichen Zusammenarbeit mit Diensteanbietern. „Die Netzbetreiber sollen massiv in die Flächenversorgung investieren mit Frequenzen, die hierfür gar nicht geeignet sind.“, ließ ein Unternehmenssprecher verlautbaren.
Hinweis: Die 5G-Frequenzen weisen eine deutlich geringere Reichweite als die 4G-Frequenzen („LTE“) auf, sodass diese sich nicht so sehr für die Versorgung der breiten Fläche wie LTE eignen. Allerdings geht aus den Lizenzauflagen der Bundesnetzagentur durchaus hervor, dass die Flächenversorgung auch durch die Bandbreiten der LTE-Technologie erfolgen kann.

United Internet (1&1 Drillisch): „Die Klage richtet sich gegen die Bedingungen im Ganzen und hält sich alle rechtlichen Optionen offen.“ Das Unternehmen gibt zu, derzeit ernsthaft zu überlegen, in den Netzbetrieb einzusteigen, jedoch fehlt derzeit eine Regelung zu nationalem Roaming, bzw. zur Diensteanbieterverpflichtung.

Freenet (u.a. mobilcom-Debitel): Man gibt keinen Kommentar mit Hinweis auf das laufende Verfahren.

Laut Medienberichten haben unter anderem auch Netcologne aus Köln und Wilhelm.tel aus Norderstedt in Schleswig-Holstein Klage eingereicht.

5G-Vergabe könnte in weite Ferne geraten
Angesichts der zahlreichen Klagen, welche – so darf man es wohl erwarten – mit ganzen Heerscharen von Anwälten betrieben werden um die jeweiligen Konzern-Interessen durchzusetzen, stellt sich inzwischen zunehmend die Frage, ob es überhaupt noch zur geplanten Versteigerung der 5G-Lizenzen im ersten Quartal 2019 kommen kann. So könnte womöglich nicht nur die Anzahl der Klagen und das durchaus komplexe Rechtsgebiet ein zeitliches Problem für die Gerichtsbarkeit darstellen, sondern auch die Tatsache, dass man hier vor dem „normalen“ Verwaltungsgericht – sprich: der untersten Instanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit – starten muss, lässt eine rasche und endgültige Klärung der rechtlichen Sachverhalte unwahrscheinlich werden.

Um vorläufigen Rechtsschutz sicherzustellen und um eventuellen Folgeklagen wegen eingetretener Vermögensschäden abzuwehren, scheint es momentan durchaus denkbar, dass das Verwaltungsgericht nach Einreichung eines entsprechenden Eilantrages einen vorläufigen Stopp der 5G-Vergabe anordnen wird. Offenbar spielt hier vor allem die Telefonica derzeit mit dem Gedanken, einen Eilantrag einzureichen, sollten die rechtlichen Fragen nicht bis zur Versteigerung abschließend geklärt sein. Bisher setze man jedoch voll darauf, dass die eingereichte Klage ihre vorgesehene Wirkung rechtzeitig erziele, heißt es hierzu aus dem Unternehmen.

Nach Angabe des Kölner Verwaltungsgerichtes sei bisher noch kein Eilantrag eingegangen. Nichtsdestotrotz könnte dieses Verfahren eine jahrelange Hängepartie und eine weitere Verzögerung beim Infrastrukturausbau zur Folge haben. Die FDP warnte bereits in der Vergangenheit davor, dass durch einen jahrelangen Streit der Digitalstandort Deutschland schweren Schaden nehmen könnte.

Der Zeitplan gerät ins Wanken
Dadurch könnte wiederum auch die Variante einer nationalen Infrastrukturagentur an Schlagkraft gewinnen, welche einige Politiker vorgeschlagen hatten. Demnach sollen die 5G-Frequenzen nicht an private Konzerne versteigert, sondern von einer staatlichen Stelle übernommen werden. Diese Stelle würde dann ein entsprechendes 5G-Netz bundesweit betreiben und die Netzkapazitäten neutral an alle Mobilfunkanbieter vermieten. Zuletzt hatten derartige Vorschläge wie auch jene eines nationalen Roamings vermehrt Aufwind bekommen.

Bis Ende Januar müssen alle potenziellen Interessenten ihr Interesse bei der Bundesnetzagentur bekundet haben. Nur wer dies innerhalb der bis zum 25.01.2019, 15:00 Uhr laufenden Frist getan hat und von der Bundesnetzagentur nicht als Spaßbieter eingestuft wird, darf an der 5G-Versteigerung teilnehmen. Noch im ersten Quartal 2019 soll dann die eigentliche Versteigerung erfolgen.

Dies ist zumindest die bisherige Planung. Ob dieser Plan angesichts der rechtlichen Auseinandersetzungen jedoch tatsächlich noch länger aufrecht erhalten werden kann, ist aktuell mehr als fraglich. Im schlimmsten Fall könnte sich die 5G-Versteigerung über Jahre hinweg verzögern und so noch zu einem ernsten Problem ganz anderer Branchen werden.


Quellen:
Bericht von SpiegelOnline

Bericht auf Tagesschau.de I
Bericht auf Tagesspiegel.de
Bericht auf Tagesschau.de II

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