+ Zuständigkeitswechsel im Vorstand
+ Medizinsparte steht vor Restrukturierung
+ Dividende zurück auf Mindestniveau
Am Donnerstag hat das Lübecker Drägerwerk wie angekündigt seine endgültigen Geschäftszahlen für das Jahr 2018 vorgelegt. Diese fielen erwartungsgemäß äußerst schwach aus. Neben viel Währungsbereinigung gab es jedoch auch ein paar interessante Neuigkeiten.
Vorstand: Schrofner gibt Zuständigkeiten ab
So hat es zum Jahreswechsel offenbar einen Zuständigkeitswechsel im Vorstand gegeben. Anton „Toni“ Schrofner, bisher zuständig für den Bereich Innovation und für die bei Dräger „AAA“ genannte Region (Afrika, Asien, Australien), hat seine Regionalverantwortung offenbar an Dr. Reiner Piske abgegeben. Während Schrofner sich ab sofort also nur noch um die Innovationen kümmern wird, übernimmt Dr. Piske zusätzlich zu seinem Amt als Personalvorstand und der Region Europa nun auch noch die Verantwortung für Afrika, Asien und Australien.
Eine Begründung für diesen Wechsel nennt das Drägerwerk im Geschäftsbericht nicht. Im Gegenteil: Sogar die Tatsache als solche hat man gut im Geschäftsbericht versteckt, sodass nur aufmerksame Leser darüber fallen werden.
Medizinsparte steht vor Restrukturierung
Zudem kündigte das Drägerwerk in einer Pressemitteilung an, dass man die Medizinsparte umstrukturieren werde. Hierzu Dräger-CEO Stefan Dräger: „Diesen Unternehmensbereich werden wir restrukturieren, um Effizienz und Prozesse zu verbessern, und dabei auch unsere Organisation anpassen. Wir werden Verantwortlichkeiten klarer zuweisen und so die Kundenorientierung insbesondere in der Zentrale in Lübeck stärken. So werden wir mittelfristig wieder deutlich profitabler.“
Ob er mit „klarer zugewiesenen Zuständigkeiten“ womöglich auch indirekt Bezug auf obige Veränderungen im Vorstand nimmt, bleibt jedoch unklar. Im Rahmen der Umstrukturierung ist es jedoch offenbar auch geplant, sogenannte Business-Units für die Bereiche Medizintechnik und Sicherheitstechnik zu bilden. Diese sollen laut Dräger künftig die Basis der Unternehmenssteuerung sein. Sie können sich darunter nichts vorstellen? Damit sind sie vermutlich nicht alleine. Die Umsetzung der Maßnahme soll jedenfalls 2020 erfolgen.
Drägerwerk übernimmt bentekk komplett
Zudem gibt das Drägerwerk bekannt, dass man die bentekk GmbH inzwischen komplett übernommen habe. Bei der bentekk handelt es sich um den Hersteller einer Lösung, um Benzol und andere arbeitssicherheitsrelevante Stoffe zu messen und ausfindig zu machen. Dräger hatte die GmbH bereits 2017 zu 51% übernommen. Laut Geschäftsbericht sei im Oktober 2018 dann eine Aufstockung der Beteiligung auf 75% erfolgt, ehe man im vergangenen Februar auch die verbleibenden 25% erworben habe. Über einen Kaufpreis schweigt sich der Bericht jedoch aus.
Jahresüberschuss und Dividende brechen ein
Aber mal zu den veröffentlichten Zahlen: Nach der Vorab-Meldung vorläufiger Geschäftszahlen aus 2018 war von den wichtigen Kennzahlen praktisch nur noch offen, wie viel das Drägerwerk letztlich unter dem Strich verdient hat, oder ob unter Umständen sogar ein Minus zu Buche stehen würde. Doch mit einem Rückgang von 64,6% auf nur noch 34,9 Mio. Euro Jahresüberschuss (2017: 98,5 Mio. Euro) hatte man auf diesem Gebiet zwar eine echte Giftpille zu schlucken, doch immerhin war das Ergebnis noch positiv. Die Eigenkapitalquote kann hiervon dennoch nicht profitieren. Diese sinkt gegenüber dem Vorjahr von 45,4% auf immerhin noch 44,8%.
Dieser niedrigere Jahresüberschuss schlägt sich natürlich auch in der Dividende nieder. Diese wird voraussichtlich erneut auf das in der Satzung vorgesehene Mindestniveau gesenkt. Pro Vorzugsaktie gibt es somit nur noch 19 Cent (zuletzt: 46 Cent), für eine Stammaktie 13 Cent (40 Cent). Die Dividendenrenditen sinken damit nach aktuellem Kurs von 0,6% auf 0,4%, bzw. von 0,7% auf 0,3%. Die Ausschüttungsquote steigt hingegen von 11,6% auf 12,6%.
Enttäuschende Zahlen von der F&E-Abteilung
Besonders interessant sind bei Dräger für gewöhnlich die Zahlen zur Forschung und Entwicklung. Leider sind die Zahlen auch hier ein wenig ernüchternd. So stiegen die F&E-Aufwendungen 2018 um 17,5 Mio. Euro auf 252,2 Mio. Euro. Die F&E-Aufwandsquote stieg dadurch ebenfalls von 9,1% auf 9,7%. Hiergegen mag zwar wohl noch nichts einzuwenden sein, immerhin hatte das Drägerwerk vermehrte Investitionen in die F&E ja angekündigt, jedoch lesen sich die folgenden Zahlen schon deutlich schlechter:
So wurden dem Drägerwerk im vergangenen Jahr 217 neue Patente zugesprochen. 2017 waren dies noch 6 Patente mehr gewesen. Auch die noch anhängigen Patentanträge sind mit 74 nach zuletzt 76 Anträgen offenbar rückläufig gewesen. Ein Rückgang, welcher angesichts der Investitionen durchaus zu erstaunen vermag, auch wenn man Forschung und Entwicklung mit Sicherheit nicht nur an der Zahl der Patente messen kann.
Auch bei den neu auf den Markt gebrachten Produkten und Produkterweiterungen können die Zahlen nicht so recht zu überzeugen: Nach 17 neuen Medizinprodukten in 2017 wurden im vergangenen Jahr nur noch 13 neue Produkte auf den Markt gebracht. Immerhin gab es in der Sicherheitstechnik einen Anstieg. Dort waren es 17 neue Geräte nach zuletzt lediglich 12. Insgesamt lag der Fokus bei den neuen Produkten und Lösungen auf die Digitalisierung und hier insbesondere auf die Konnektivität von verschiedenen Anwendungen. In jedem Fall kündigt das Drägerwerk an, sein F&E-Investitionsprogramm auch 2019 weiter fortführen zu wollen.
Personalaufwand steigt deutlich
Während die nominalen Umsätze von Dräger nahezu stagnierten (+0,9%), macht vor allem die Kostenseite zunehmend Sorgen. Vor allem die Zahl der Mitarbeiter ist im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen. Demnach wurden weit über 600 neue Mitarbeiter eingestellt, sodass deren Zahl nun bei 14.399 liegt. Etwa zwei Drittel der Neueinstellungen befand sich im Bereich des Vertriebs. Dort waren es 452 neue Angestellte. In der laut Dräger ausgeweiteten F&E-Abteilung wurden jedoch nur 40 neue Angestellte gezählt. Die Personalaufwandsquote stieg 2018 damit auf 40,3%, der Personalaufwand als solcher um 3,9%.
Etwas erstaunen kann jedoch die Tatsache, dass das Programm zur Mitarbeiterbeteiligung auch im vergangenen Jahr eine sehr große Akzeptanz gefunden hat. So nahmen offenbar 1.172 Mitarbeiter (2017: 1.025 Mitarbeiter) an dieser „freiwilligen Gehaltskürzung“ teil, wie einige Marktteilnehmer es mit Blick auf den Aktienkurs spöttisch nennen. Im Rahmen des Programms wurden demnach rund 43.000 Aktien (2017: 30.000) erworben. Das Drägerwerk packte nocheinmal gut 14.000 (10.000) Bonusaktien oben drauf.
Ausblick verhalten und mit Mogelpackungen
Was den Ausblick angeht, so erwartet die Dräger-Geschäftsleitung in 2019 ein Umsatzwachstum in Höhe von 1,0 bis 4,0%. Diese Zahl ist jedoch währungsbereinigt. Bei der Ebit-Marge peilt man derzeit 1,0 bis 3,0% an. Doch auch diese Zahl entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Mogelpackung. So soll die genannte Ebit-Marge nicht nur währungsbereinigt sein, sondern zudem auch nur abzüglich der anfallenden Restrukturierungskosten erreicht werden. Hier könnten also noch zahlreiche Enttäuschungen lauern, falls die Anleger feststellen, dass die genannten Zahlen gar nicht der Unternehmerrealität entsprechen.
Da der schwache Ausblick jedoch bereits weitgehend bekannt war, reagierte die Dräger-Aktie am Donnerstag nicht allzu negativ. Bei den Vorzügen stand am Tagesende ein Minus von 2,0%, bei den Stämmen von 1,2% zubuche. Etwas dramatischer ist es dagegen schon am heutigen Freitag. Die Aktien sind mit 5,5%, bzw. 2,9% stark im Minus und zählen zu den größten Tagesverlierern.